Erst Griechenland, kurz darauf Schweden und zuletzt Kalifornien – dort haben die tödlichen Feuer mindestens neun Milliarden Dollar Schäden verursacht, melden US-Versicherer. Müssen wir mit immer mehr Waldbränden solcher Ausmaße rechnen?

„Während wir über Kalifornien fliegen, schauen wir auf unzählige Feuer. Es ist hart, so viel Zerstörung zu sehen und von hier oben nichts dagegen tun zu können.“ Das schrieb Alexander Gerst kürzlich auf Twitter. Der deutsche Astronaut kreist seit Juni in der internationalen Raumstation ISS um die Erde. Von dort aus postet er regelmäßig Fotos, auf denen der menschliche Fußabdruck auf dem Planeten zu sehen ist: abgeholzte Regenwälder, ausgetrocknete Seen und von Smog verschlungene Städte. Die Bilder, die er am 20. November veröffentlichte, zeigen die Küste Kaliforniens im Dunkeln. Und viele kleine orange glühende Flecken.

Was aus dem Orbit winzig wirkt und sogar schön aussieht, war eine Momentaufnahme des tödlichsten und zerstörerischsten Waldbrandes in der kalifornischen Geschichte. Rund 55.000 Hektar hat das „Camp Fire“ im November verwüstet. Schon im August hatten Brände eine doppelt so große Fläche zerstört. Die Flammen griffen auch auf Siedlungen über. Zehntausende Menschen mussten fliehen, Tausende von ihnen haben ihre Häuser verloren. Laut aktuellen Zahlen von US-Versicherungen haben die Brände Schäden von mindestens neun Milliarden Dollar verursacht (fast acht Milliarden Euro). Dabei war Kalifornien schon 2017 von schweren Bränden heimgesucht worden, deren Ausmaß nun noch einmal übertroffen wurde. Wissenschaftler warnen: Die Ereignisse des Jahres 2018 waren nur ein Vorgeschmack.

© ESA/A.GerstSchöne Aussichten aus dem All? Erst auf den zweiten Blick erkennt man auf dem Foto, das Astronaut Alexander Gerst von der Raumstation ISS twitterte, zahlreiche glimmende Waldbrände in Kalifornien.
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Schöne Aussichten aus dem All? Erst auf den zweiten Blick erkennt man auf dem Foto, das Astronaut Alexander Gerst von der Raumstation ISS twitterte, zahlreiche glimmende Waldbrände in Kalifornien.

Welchen Anteil hat der Klimawandel an den Feuern? Und worauf müssen wir uns in Zukunft einstellen?

Kirsten Thonicke, Waldbrandexpertin des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sieht einen Zusammenhang zwischen den extremen Feuersbrünsten in Kalifornien und dem menschgemachten Klimawandel. Infolge der Megadürre der letzten Jahre sei es in der Region extrem trocken gewesen, die ungewöhnlich hohe Zahl von 129 Millionen toten Bäumen habe die Situation verschärft, zusätzlich hätten extreme Winde und die geografischen Bedingungen von hohen Bergen und tiefen Tälern in Kalifornien die Waldbrände angefacht. „Natürliche Faktoren und vom Menschen verursachte globale Erwärmungseffekte spielen hier verheerend zusammen“, erklärte Thonicke. Die Menschen in Kalifornien müssten sich daher auf immer extremere Waldbrände einstellen. „Dies ist und wird eine völlig neue Herausforderung für die Feuerwehrleute, die politischen Entscheidungsträger und die Bürger in Kalifornien – und in vielen anderen Regionen der Welt.“

Müssen wir uns auch in Deutschland gegen häufigere Feuer wappnen?

Auch hierzulande war 2018 ein Jahr mit relativ vielen Waldbränden. „Grund dafür war die hohe Sommertrockenheit“, sagt Astrid Uhlmann von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, ein Zusammenhang zwischen Waldbränden und Klimawandel sei jedoch schwer zu belegen. Uhlmann leitet das Referat Wald und Holz in der Bundesanstalt, die jährlich eine Waldbrandstatistik für Deutschland herausgibt. Sie sagt, beim Waldbrandrisiko spiele in erster Linie die Witterung eine Rolle. „In der Regel sind die Sommer hier nicht so trocken wie in anderen EU-Staaten oder in Kalifornien.“ Deshalb sei die Zahl der Waldbrände in Deutschland überschaubar. In trockenen Jahren wie diesem sei das Risiko hingegen größer.

Meistens würden Waldbrände durch fahrlässiges Verhalten von Waldbesuchern ausgelöst und schnell entdeckt. Manchmal kommt es aber auch vor, dass Alt-Munition oder Blindgänger im Boden sich selbst entzünden und Waldbrände entfachen, die für hiesige Verhältnisse sehr groß werden können. Für Astrid Uhlmann ist das eine vermeidbare Gefahrenquelle, die es zu bannen gilt: „Auf Flächen wie Truppenübungsplätzen müssten die Altlasten in Form von Munition im Boden entfernt werden.“

Doch nicht immer sind es Wälder, die brennen, und nicht immer sind dabei lodernde Flammen zu sehen. Im September machte ein großflächiger Moorbrand im Emsland Schlagzeilen. Raketentests auf einem Bundeswehrgelände bei Meppen hatten einen Schwelbrand ausgelöst, der sich wegen der ungewöhnlichen Trockenheit infolge der Dürre auf eine Fläche von etwa zwei mal vier Kilometern ausbreitete. Der Rauch war auf Satellitenbildern zu erkennen und führte dazu, dass sogar im 220 Kilometer entfernten Hamburg aufgrund des Brandgeruchs zahlreiche besorgte Menschen bei der Feuerwehr anriefen. Bis zu 2000 Einsatzkräfte waren damit beschäftigt, die unter der Erde kokelnden Glutnester im Moor zu löschen. Erst am 11. Oktober, nach mehr als einem Monat, gab die Bundeswehr bekannt, dass der Brand gelöscht sei.

Das Moor bei Meppen gehört zu einem Naturschutzgebiet, der Brand hat den Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten zerstört. Und auch für die Menschen hatte er Konsequenzen: Laut Angaben der Kreisfeuerwehr der Stadt Leer wurden die kritischen Werte des unsichtbaren und giftigen Gases Kohlenmonoxid zeitweise erheblich überschritten. Der Landkreis Emsland teilte mit, dass in einem Siedlungsgebiet ein Wert von 14 ppm (parts per million) gemessen wurde. Gesundheitsgefährdend ist die Konzentration von Kohlenmonoxid laut Weltgesundheitsorganisation ab neun ppm. Bei Menschen, die dieser Konzentration des Gases mehrere Stunden in einem geschlossenen Raum ausgesetzt sind, besteht die Gefahr gesundheitlicher Schäden. Zum Vergleich: An viel befahrenen Straßen werden oft Werte um 50 ppm erreicht. Evakuiert wird eine Region nur, wenn die Grenzwerte über einen längeren Zeitraum überschritten werden. Entgegen der Empfehlung der Kreisfeuerwehr nahm die Bundeswehr allerdings keine weiteren Messungen vor. Im Nachgang untersuchte die Bundeswehr die Schadstoffbelastung durch den Moorbrand und schreibt: „Die Kohlenstoffmonoxidkonzentration (CO) liegt zum größten Teil unterhalb der Nachweisgrenze.“ Diese Nachweisgrenze der Bundeswehr ist überschritten, wenn in einem Zeitraum von 24 Stunden gemessen wird und der Wert im Durchschnitt sechs ppm oder mehr beträgt.

Der Brand hat überdies auch große Mengen des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) freigesetzt. Der Torf, aus dem der Moorboden besteht, ist ein effizienter CO2-Speicher – verbrennt er, gelangt das Gas in die Luft. Die Umweltschutzorganisation BUND sprach von mindestens 500.000 Tonnen freigesetztem CO2, das Land Niedersachsen von 300.000 Tonnen. Zum Vergleich: Jeder und jede Deutsche setzt im Jahr rund zehn Tonnen CO2 frei. Der Brand verursachte also so viele Treibhausgase wie bis zu 50.000 Menschen pro Jahr.

Moorbrände wie in Meppen gibt es nicht nur hierzulande: In Russland wüten jedes Jahr Brände auf mehreren Millionen Hektar. Der Staat tut kaum etwas dagegen und spielt das Ausmaß der ökologischen Katastrophe herunter. Doch es gibt mutige Idealisten, die sich den Feuern entgegenstellen: Im Greenpeace Magazin 6.18 haben wir den jungen Aktivisten Jura Kostenko und seine Mitstreiter bei einem Einsatz gegen die Torfbrände begleitet – ein Einsatz, der sich auch für den Klimaschutz auszahlt.

Zwischen Waldbränden und Klimaerwärmung schließt sich ein Teufelskreis

Denn wie groß der Schaden fürs Klima tatsächlich ist wird klar, wenn man die globalen Zahlen betrachtet: Weltweit verursachen Wald- und Torfbrände in der Natur CO2-Emissionen von etwa acht Milliarden Tonnen jährlich, schätzt Greenpeace. Das ist mehr, als der Verkehr auf der ganzen Welt erzeugt. Und hier schließt sich ein Teufelskreis. Die erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre heizt das Klima weiter auf. Der Temperaturanstieg und längere Dürreperioden wiederum begünstigen weitere Großbrände. Erst gerade hat der IPCC in seinem 1,5-Grad-Bericht darauf hingewiesen, dass das Risiko von Waldbränden sich verschlimmere, wenn sich die Erde um mehr als 1,5 Grad erwärmt. Der derzeit laufenden Weltklimakonferenz im polnischen Katowice haben die Brandkatastrophen des Jahres 2018 als sichtbare Folge der Erwärmung eine gestiegene Dringlichkeit verliehen. Dennoch ist der Erfolg der Konferenz fraglich: Mit Donald Trump und Wladimir Putin blockieren ausgerechnet die Präsidenten von zwei Ländern, die durch die steigende Waldbrandgefahr viel zu verlieren haben, nach Kräften Fortschritte beim Klimaschutz.