Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat kurz vor den Verhandlungen in Paris über ein globales Plastikabkommen Ende Mai einen neuen Bericht veröffentlicht. Darin warnt die Organisation davor, weiterhin auf das Recycling von Plastik zu setzen, und fordert stattdessen eine drastische Reduzierung der Kunststoffproduktion.

In einem 22 Seiten langen Bericht fasst Greenpeace Ergebnisse aus Studien und weiteren Veröffentlichungen zusammen. Diese zeigen nicht nur, dass nur ein Bruchteil von neun Prozent der Kunststoffe überhaupt recycelt werden, sondern dass diese nach dem Prozess des Recyclings auch noch giftiger sein könnten als zuvor. Wenn Kunststoffe im Recyclingprozess erhitzt werden, so der Bericht, könnten daraus Stoffe mit einer hohen Konzentration an giftigen Chemikalien entstehen.

Diverse Studien belegen demnach negative Auswirkungen von Recyclingprozessen auf den Menschen, die Tiere und die Umwelt. Eine Studie aus dem Jahr 2015 ergab zum Beispiel, dass Arbeiterinnen und Arbeiter in Kunststoffrecyclingwerkstätten durch die freigesetzten Verbindungen im Recyclingprozess erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt werden. Human Rights Watch dokumentierte zudem im Jahr 2017 Atembeschwerden von Menschen, die in der Nähe von Verbrennungsanlagen leben und dort die giftigen Dämpfe einatmen.   

Auch die Umwelt leidet darunter. Durch die Zerkleinerung des Materials im Recyclingprozess können Mikroplastikpartikel in die Umwelt gelangen. Das betrifft vor allem die Meere und die darin lebenden Tiere. Forscherinnen und Forscher warnen davor, dass immer mehr Mikroplastik in den Verdauungssystemen der Meerestiere und Seevögel gefunden wird. Zudem kam es laut dem Greenpeace-Bericht im vergangenen Jahr in den USA und Kanada zu 390 Bränden in Kunststoffrecycling- und Abfallanlagen. Ein Bericht aus der Türkei stellte fest, dass die Zahl von Bränden im Land von 33 im Jahr 2019 auf 121 im Jahr 2021 anstieg – jeden dritten Tag brennt dort also statistisch eine Kunststoffrecyclinganlage. Durch die Brände werden wiederum luftverschmutzende Chemikalien freigesetzt.   

Greenpeace kritisiert zudem, dass viele Unternehmen, darunter Nestlé, Unilever und Coca-Cola, einerseits die Verwendung von recyceltem Kunststoff in ihren Verpackungen als wichtigen Teil der Lösung anpreisen. Sie schaffen es andererseits aber nicht, ihren Kunststoffverbrauch insgesamt deutlich zu reduzieren. In einigen Fällen habe sich deren Kunststoffverbrauch sogar gesteigert.

Kunststoffproduktion soll sich bis 2060 verdreifachen

Ein Zurückfahren der Kunststoffproduktion ist derzeit nicht zu erwarten. Einer Prognose zufolge wird sich die Produktion von Kunststoff bis 2060 sogar verdreifachen. Dabei wird nur ein minimaler Anstieg des Recyclings prognostiziert. Die Diskrepanz zwischen der Menge des produzierten Kunststoffs und der recycelten Menge sei problematisch, schreibt Greenpeace. Wenn die Kunststoffproduktion nicht drastisch reduziert werde, sei es unmöglich, die Umweltverschmutzung durch Plastik zu beenden.

Die Umweltschutzorganisation appelliert deshalb an die Vereinten Nationen, ein rechtsverbindliches und effektives Plastikabkommen zu verabschieden. Neben einem verbindlichen Ziel der Kunststoffreduktion fordert Greenpeace eine deutliche Verbesserung der Standards an Recyclinganlagen und des Arbeitnehmerschutzes. Außerdem sollen die verwendeten Technologien nachhaltiger werden.

Seit vergangenem Jahr verhandeln die Vereinten Nationen über ein globales Plastikabkommen, das die weltweite Verschmutzung durch Kunststoffe beenden soll. Im März 2022 haben auf der UN-Umweltkonferenz in der kenianischen Hauptstadt Nairobi fast 200 UN-Mitgliedstaaten eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Nun geht es von 29. Mai bis 2. Juni in Paris in die zweite Verhandlungsrunde. Entsteht aus der Absichtserklärung ein Vertrag, wäre dies das erste große UN-Umweltabkommen seit dem Klimavertrag von Paris.