Bis zum 13. Dezember verhandelt die internationale Staatengemeinschaft in Madrid die Zukunft allen Lebens auf dem Planeten. Kurz vor der Konferenz hatte das Europaparlament den Klima- und Umweltnotstand ausgerufen. „Angesichts der Klima- und Umweltkrise ist es unerlässlich, unsere Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren“, sagte Pascal Canfin, Vorsitzender des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit am vergangenen Montag. In Madrid bietet sich nun eine neue Chance, für dieses Ziel verbindliche Maßnahmen zu beschließen.

Zwar hatte sich die Staatengemeinschaft 2015 auf das Pariser Klimaabkommen geeinigt und im vergangenen Jahr das Katowicer Klimapaket verabschiedet, doch viele Fragen sind immer noch offen. So bleibt ungeklärt, zu welchen Maßnahmen die Staaten bereit sind, um das Zwei-Grad-Ziel oder sogar das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Zudem gibt es noch kein Konzept, wie der Handel mit CO2-Zertifikaten genau aussehen soll, mit denen Länder und Unternehmen ihre Emissionen mithilfe von Klimaschutzprojekten ausgleichen können. Oder welche Unterstützung arme Länder erhalten sollen, die bereits vom Klimawandel betroffen sind. Die Jugendbewegung "Fridays for Future" hatte auf diese Ambitionslosigkeit mit einem weiteren globalen Streik am 29. November aufmerksam gemacht, bei der COP25 fordern junge Aktivisten politische Mitbestimmung.

Ursprünglich hatte die Konferenz in Chile stattfinden sollen, aufgrund der dortigen Unruhen wurde sie kurzfristig in die spanische Hauptstadt verlegt. Für viele junge Teilnehmer, die aus Rücksicht auf das Klima nicht mit dem Flugzeug anreisten, war das zu spontan: Die schwedische Klimaaktivistin und "Fridays for Future"-Initiatorin Greta Thunberg war schon vor Wochen über den Atlantik gesegelt, um in Chile an der Weltklimakonferenz teilnehmen zu können. Im Internet suchte sie nach Mitfahrgelegenheiten zurück nach Europa, verpasste den Auftakt aber um einen Tag. Am Dienstag legte sie an Bord des Segelbootes eines australischen Paares in Lissabon an, von dort soll es per Zug weiter in das rund 600 Kilometer entfernte Madrid gehen. Für eine internationale junge Aktivistengruppe, die unter dem Motto „Sail to the COP“ nach Chile segelte, kam die Ortsverlegung zu kurzfristig: Starker Wind machte eine Umkehr unmöglich – bleibt ihnen nur noch der Livestream.

Im Vorfeld der Konferenz hatte UN-Generalsekretär António Guterrez das Engagement der Jugend gelobt: „Junge Menschen zeigen eine bemerkenswerte Führung und Mobilisierung. Aber wir brauchen politischen Willen, CO2 zu verteuern, politischen Willen, die Subventionen für fossile Brennstoffe einzustellen und die Umweltverschmutzung anstelle der Menschen zu besteuern.“ Wie jedes Jahr traf sich die Jugend im Vorfeld der Weltklimakonferenz auf der Conference of Youth ("COY15").

Die dort erarbeiteten Ergebnisse stellen sie beim heutigen „Young and Future Generations Day“ der COP25 vor. Höhepunkt dieses Tages ist die „intergenerationelle Befragung“, bei der Jugenddelegierte mit Entscheidungsträgern direkt diskutieren können. Dort werden auch Vertreter der COP-Präsidentschaft erwartet – die trotz der Ortsverlegung nach Spanien von Chile ausgeübt wird.

Aber hören die Alten den Jungen auch wirklich zu? Bedeutet das alles echte Beteiligung? Das Greenpeace Magazin sprach mit Paul Mutuku, der für die internationale Organisation „Youth4Nature“ die Weltklimakonferenz besucht. Der 28-jährige Kenianer sieht für seine Generation große Chancen der Einflussnahme:

© Charles GrosDer Kenianer Paul Mutuku ist Jugenddelegierter in Madrid. Er leitet den afrikanischen Ableger der Organisation "Youth4Nature"
© Charles Gros

Der Kenianer Paul Mutuku ist Jugenddelegierter in Madrid. Er leitet den afrikanischen Ableger der Organisation "Youth4Nature"

Dieses Jahr ist die Jugend wie nie zuvor gegen den Klimawandel auf die Straßen gegangen. Wie zeigt sich das bei der COP25?

Die Jugendbewegung war noch nie so stark. UN-Generalsekretär Guterrez hielt eine nachdrückliche Rede auf der Konferenz der Jugend COY15, die im Vorfeld der COP25 stattfand. Ich denke, die führenden Politiker der Welt spüren den Druck, den wir junge Menschen auf sie ausüben. Jetzt hoffen wir natürlich, dass sich das auch in politischen Entscheidungen niederschlägt, vor allem im Hinblick auf die Festlegung der nationalen Klimaziele.

Wie können sich junge Teilnehmer wie Sie auf der Konferenz Gehör verschaffen?

Eine zentrale Rolle spielt dabei das internationale Netzwerk „YOUNGO“, das alle Jugendorganisationen zusammenbringt. Dessen Arbeitsgruppen auf der COP, die sich etwa mit den Themen Anpassung, CO2-Einsparung, Umweltschutz und Finanzen beschäftigen, können einen starken Einfluss auf politische Empfehlungen ausüben. Es gibt viele Pavillons, in denen wir diskutieren und Wissen austauschen können. Wir von „Youth4Nature“ haben mehrere Nebenveranstaltungen mit jungen Politikern organisiert, die unsere Handlungsaufforderungen in unserem Namen auf die Parteien-Verhandlungen tragen können. Uns ist wichtig, dass CO2 vor allem durch natürliche Speicher gebunden wird, etwa durch den Schutz und die Renaturierung von Wäldern und Mooren.

Sie kommen aus Kenia, dort setzen Sie sich für ökologische Landwirtschaft ein, protestierten erfolgreich gegen den Bau eines Kohlekraftwerks in Lamu und gegen Abholzung. Was ist Ihr Ziel bei der COP25?

Zunächst sollten nachhaltige Landwirtschaft und erneuerbare Energien stärker gefördert werden. Außerdem sollte ein Großteil der CO2-Einsparungen durch Naturschutzprojekte erfolgen – denn das ist eine der effektivsten Lösungen.

In diesem Jahr wird diskutiert, wie arme Länder, die bereits vom Klimawandel betroffen sind, unterstützt werden sollen. Was erwarten Sie davon?

Ich hoffe, dass die Industrieländer sich verbindlich verpflichten, Mittel bereitzustellen, um Anpassungsinitiativen im gesamten globalen Süden zu unterstützen. Die nationalen Klimaziele müssen auch die jeweilige Kultur und die natürlichen Lebensräume berücksichtigen – beides darf nicht verloren gehen. Gemeinschaften, Graswurzelbewegungen und indigene Initiativen brauchen Unterstützung, damit sie ihre eigenen Ideen zur Anpassung an die Klimaveränderung umsetzen können. Ihr traditionelles Wissen ist Teil der Lösung, so wie die Natur Teil der Lösungen ist.