Das im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung verabschiedete Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollte den Ökostrom-Ausbau voranbringen und damit die Energiewende ermöglichen. Es regelt, dass Energieunternehmen Ökostrom bevorzugt abnehmen müssen. Außerdem erhalten Betreiber von Solar-, Wind- und Biogasanlagen eine feste Einspeisevergütung. Finanziert wird diese aus der EEG-Umlage, die dem Strompreis aller Verbraucher zugeschlagen wird. Sie stieg mit den Jahren deutlich an und macht inzwischen ein Viertel des Strompreises aus. Allerdings wurden zahlreiche Unternehmen von dieser Verpflichtung ausgenommen. Mit der Überarbeitung des Gesetzes sollen Stromverbraucher entlastet und die verschärften Klimaziele der EU erreicht werden. Doch ob diese Ziele tatsächlich erreicht werden, ist umstritten. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur Novelle.

Wieso ist 2021 so ein wichtiges Jahr für das EEG?

Die Einspeisevergütung endet nach zwanzig Jahren. Das bedeutet: Ab diesem Jahr müssen die ältesten Anlagen ohne zusätzliche Förderung auskommen. Allein im Windkraftsektor werden in den nächsten drei Jahren deswegen rund 1900 Anlagen aus der Förderung fallen. Damit sie nicht vom Netz müssen, beschloss die Bundesregierung eine auf zwei Jahre begrenzte Anschlussförderung. Als Grund dafür nennt sie die Corona-bedingten sinkenden Strompreise. Allein der Gewinn, den die aus der Förderung fallenden Windanlagen am Markt erzielen würden, genüge nicht, „um einen wirtschaftlichen Betrieb zu sichern“, heißt es dazu im Kommentar zum EEG.

Wird Deutschland sein Klimaziel mit der EEG-Reform erreichen?

In den nächsten zehn Jahren müssen die CO2-Emissionen laut deutschem Klimaziel gegenüber 1990 um 55 Prozent sinken. Bis 2020 betrug der Rückgang aber erst 35 Prozent. Entscheidend dafür, dass Deutschland sein Ziel trotzdem noch erreicht, ist die Energiewende. Energiebedingte Emissionen verursachen laut Umweltbundesamt 85 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen. Davon entfallen gut vierzig Prozent auf die öffentliche Strom- und Wärmeerzeugung, Raffinerien und Erzeuger von Festbrennstoffen. Ihr Anteil an den CO2-Emissionen ist zwar seit Jahren rückläufig, er sinkt aber nicht schnell genug. Die Reform des EEG hätte das ändern können – nur wurden die Ausbauziele gar nicht erhöht. Es bleibt vorerst bei den Zielen 71 Gigawatt Wind an Land und 100 Gigawatt Photovoltaik bis 2030. Das Ausbauziel für Offshore-Wind wird im separaten Windenergie-auf-See-Gesetz geregelt und wurde im Sommer auf zwanzig Gigawatt bis 2030 festgelegt. Das eigentliche Ziel, bis 2030 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, ist mit diesen Ausbauplänen nicht zu erreichen. Laut dem Thinktank Agora Energiewende müsste der Anteil des Onshore-Winds dafür auf 85,7 Gigawatt steigen. Eine eventuelle Erhöhung der Ausbauziele will die Bundesregierung erst im Frühjahr diskutieren, statt sie gleich mit der Reform festzulegen.

Wie geht das mit dem EU-Klimaziel zusammen?

Die EU-Kommission hat ihr Klimaziel verschärft: Statt ihre Emissionen bis 2030 um vierzig Prozent gegenüber 1990 reduzieren zu wollen, hat sie sich jetzt das Ziel von minus 55 Prozent gesetzt. Darauf müsste Deutschland reagieren und sein Klimaziel auf minus 65 Prozent erhöhen, fordert etwa Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Damit die niedrigen Ausbauziele von Minister Altmaier die klimapolitischen Vorgaben aus Brüssel erfüllen, bedient er sich eines Tricks: Er nimmt an, dass der Stromverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2030 leicht sinkt“, kritisieren Oliver Krischer, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, und Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik, in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Ein geringerer Stromverbrauch würde einen geringeren Bedarf an installierter Leistung bedeuten. „Alle Experten gehen aber von einem deutlich steigenden Stromverbrauch aus, weil immer mehr Elektroautos, Wärmepumpen und Wasserstoff genutzt werden“, mahnen Verlinden und Krischer.

Welche Verbesserungen ergeben sich?

Zwar lässt die Reform große Veränderungen vermissen, aber im Kleinen gibt es einige Besserungen: Um etwa die Akzeptanz von Windparks zu fördern, sollen die Betreiber den Standortgemeinden künftig 0,2 Cent pro Kilowattstunde eingespeister Strommenge zahlen – allerdings freiwillig. Außerdem soll noch geprüft werden, ob Anwohner den Strom dann günstiger bekommen können. Und auch für den Rest der Bevölkerung soll es eine finanzielle Erleichterung geben: Weil die EEG-Umlage in den vergangenen Jahren drastisch stieg – sie startete bei 0,54 Cent und lag letztes Jahr bei 6,76 Cent – wird sie nun auf 6,5 Cent gedeckelt. Auch im Solarsektor gibt es einige Änderungen: Damit alte Anlagen nicht vom Netz gehen müssen, werden sie vorerst von der Pflicht befreit, mit intelligenten Stromzählern aufgerüstet zu werden. Wer Solarstrom privat erzeugt, muss erst ab einem Eigenverbrauch von dreißig Kilowatt statt vormals zehn Kilowatt Umlagen zahlen. Und Erleichterung gibt es auch beim sogenannten Mieterstrom: Bisher durften Solaranlagen nur von einem Haus genutzt werden, von nun an dürfen auch gegenüberliegende Wohnungen oder Nachbarhäuser den Strom mitnutzen. Und die Herstellung von grünem Wasserstoff – der in der klimafreundlichen Industrie von morgen eine große Rolle spielen wird – soll komplett von der EEG-Umlage befreit werden.

Wie fallen die Reaktionen aus?

Die CDU/CSU lobt das Erreichte, die SPD und Linke stimmen mit Einschränkungen zu, die Grünen kritisieren, die Reform werde ihrem Anspruch nicht im Ansatz gerecht, die FDP fordert einen Ausstieg aus der EEG-Umlage und die AfD will gleich das komplette EEG abschaffen. Die Bundesverbände für Solarwirtschaft, Erneuerbare Energie und der deutschen Industrie sind durch die Bank unzufrieden mit der Reform. Die Unentschlossenheit der Bundesregierung könnte sogar fatale Folgen für das Gelingen der Energiewende haben, warnte die Ökonomin Claudia Kemfert im Deutschlandfunk. Die Solar- und Windenergie müsse deutlich schneller ausgebaut werden, „sonst werden wir in der Tat eine Ökostromlücke bekommen und können dann nicht wie vereinbart die Kohlekraftwerke vom Netz nehmen.“ Eine Chance besteht nun noch, wenn die Erhöhung der Ausbauziele im Frühjahr diskutiert wird.

Derweil werden nun viele Windanlagen ausrangiert. Wie kann das sein?

Das liegt an der Betriebsdauer der Windkraftanlagen, die auf zwanzig Jahre angelegt ist. Danach kann diese per Gutachten um weitere acht bis zehn Jahre verlängert werden – oder die Anlage wird durch eine neue und größere ersetzt, Repowering nennt sich das. Das geht allerdings nur bei rund zwanzig Prozent der Windkraftanlagen, weil zumeist die Mindestabstände zu Wohngebieten für die großen Anlagen nicht ausreichen. Die Große Koalition hatte dafür einen Mindestabstand von einem Kilometer festlegen wollen, auf Druck von Klimaschützern stellte sie es aber in ihrem Beschluss im Mai letzten Jahres den Bundesländern frei, den Abstand selbst festlegen zu können.

Was passiert mit den alten Windkraftanlagen?

Euphemistisch ausgedrückt werden sie zurückgebaut, praktisch bedeutet das: Sie werden verschrottet. Per Abrissbirne oder Sprengung werden die Türme gesprengt oder mit der Abrissbirne zerstört, der Beton wird zerbröselt und für den Wegebau weiterverwertet. Bei den Rotorblättern ist das aber nicht ganz so einfach – als sie vor zwanzig Jahren gebaut wurden, dachte niemand daran, wie man sie im Anschluss recyceln könnte. In ihnen sind zum einen glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) verarbeitet, auf deren Zerstückelung bislang nur wenige Firmen in Deutschland spezialisiert sind. Das zerkleinerte Material wandert dann in die Zementindustrie. Zum anderen finden sich in den Rotorblättern aber auch carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK), und für die wird bislang noch an Recyclingverfahren geforscht. Statt zu verschrotten, verkaufen einige Betreiber daher auch ihre Bauteile nach Süd- und Osteuropa.

Und wieso können sich Großunternehmen nun über Milliardenentlastungen freuen?

Still und heimlich hat es eine Amnestieerklärung in den Gesetzesentwurf geschafft, von der vor allem energieintensive Großunternehmen profitieren. Viele von ihnen hatten seit Jahren mittels eines Tricks vermieden, die EEG-Umlage zahlen zu müssen. Sie deklarierten Strom von anderen Kraftwerken als Eigenstrom – und Firmen, die Strom für den Eigenbedarf produzieren, sind von der Umlage ausgenommen. Auch mittelständische und kleine Unternehmen wandten diesen Trick an, stellten das aber zumeist ein, als mehrere Unternehmen in ihrer Größenordnung zu Rückzahlungen verurteilt wurden. An die großen Unternehmen traute sich aber niemand heran, unter ihnen sind etwa die ehemalige Bayer-Tochter Covestro, Evonik oder Daimler. Die Rückzahlungen würden bei ihnen in die Milliarden gehen. Mit der EEG-Reform sollen sie nun davor bewahrt werden. Das Bundeswirtschaftsministerium kritisierte dies allerdings in einem internen Vermerk und bezweifelte, dass der Passus „von der EU genehmigt wird“.