Mitten in der Klimakrise bringt Audi ein viel zu großes „SUV-Coupé“ mit viel zu hohem CO2-Ausstoß auf den Markt. Die Werbekampagne für den Q8, die an den Egoismus der Käufer appelliert, hat das Greenpeace Magazin als Vorlage für eine satirische Fake-Anzeige genutzt.

„Nicht gerade ein Auto, eher eine Unabhängigkeitserklärung“ – mit diesem Slogan wirbt der Autohersteller Audi in doppelseitigen Zeitschriftenanzeigen für sein neues Modell Q8. Es handelt sich um ein SUV-Coupé, also ein geländewagenartiges Luxusauto, das sowohl martialisch als auch sportlich-elegant erscheinen soll. Zehn Jahre zuvor war der Konkurrent BMW noch belächelt worden, als er mit dem X6 erstmals solch ein schnittiges Riesenauto auf den Markt brachte, doch das Modell hat sich gut verkauft, sodass die Ingolstädter nun nachziehen.

In einem Video auf autobild.de bekommt man einen Eindruck davon, wie die Macher solcher Fahrzeuge ticken. Marc Lichte, Chefdesigner der Ingolstädter, spricht von einem „selbstbewussten Gesicht“ und „ganz starken Muskeln“ der Q8-Karosserie. „Das flache Dach sitzt auf einem sehr breiten Körper, und das lässt den Wagen von hinten sehr potent und sehr sportlich aussehen“, sagt er. Flach, breit, potent – nun ja.

Mit der „Unabhängigkeitserklärung“ ist es allerdings so eine Sache, auch der Q8 wird von den irdischen Problemen nicht losgelöst sein. Vielmehr soll er in einer Welt herumfahren, in der es erstens noch viele andere Verkehrsteilnehmer gibt und zweitens ein wachsendes Klimaproblem. Die Q8-Markteinführung fiel ausgerechnet auf den Hitzesommer 2018, der rund um die Nordhalbkugel neue Temperaturrekorde brachte. Während auf den Feldern das Getreide verdorrte, Waldbrände loderten und Wissenschaftler vor einer „Heißzeit“ warnten, lieferte Audi seine ersten „schicken Brocken“ (Spiegel) aus.

Ein erschreckend schlechtes Timing, sind doch die Weltgemeinschaft im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen gerade auf dem besten Weg, ihre Klimaziele dramatisch zu verfehlen – wofür nach Ansicht von Experten der SUV-Boom einer der Gründe ist. So schrieb die wirtschaftsnahe Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem jüngsten „Global Energy & CO2 Status Report“, dass der erneute globale Anstieg des Ölverbrauchs im Jahr 2017 auch dem wachsenden Anteil von (Luxus-)Geländewagen in den großen Industrieländern zuzuschreiben sei.

Deutschland ist für diesen Trend ein Paradebeispiel: 820.522 SUVs und Geländewagen wurden hierzulande im vergangenen Jahr zugelassen, mit einem Marktanteil von 23,8 Prozent lag das Segment erstmals vor der Kompaktklasse, zu der auch der Golf zählt. Zugleich stieg erstmals seit vielen Jahren der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Neuwagen in der Bundesrepublik wieder an. Und noch immer hat kein deutscher Hersteller ein reines Elektro-SUV im Programm – was auch damit zusammenhängt, dass selbst der dickste Akku ratzfatz leergesaugt ist, wenn er schwere Riesenautos über deutsche Autobahnen rasen lassen soll.

Doch es hilft nichts, bis 2021 müssen die Autobauer den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ihrer Neuwagenflotten in der EU auf 95 Gramm pro Kilometer senken. Autos wie der Q8, der – drei Jahre nach dem Klimaabkommen von Paris – mit einem offiziellen CO2-Ausstoß von 172 bis 179 Gramm auf die Straßen kommt, tragen maßgeblich dazu bei, dass dieses Ziel kaum noch erreichbar ist. Gleichzeitig hat die Bundesregierung das Klimaziel für 2020 aufgegeben. Und so hat jeder Autofahrer, vor allem jeder SUV-Fahrer seinen Anteil daran, dass es immer schwieriger wird, das globale Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad zu begrenzen, noch zu erreichen.

Im Video auf autobild.de resümiert der Reporter: „Ist der Audi Q8 ein Auto, das die Welt braucht? Ich sage nein.“ Zugleich aber zeigt er sich angetan, und genau das ist das Problem: Die Kunden kaufen solche Autos aus Spaß am Protz und auch, weil sie ihnen aufgrund der höhergelegten Sitzposition ein Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit verleihen. Tatsächlich hat der SUV-Fahrer beim Frontalcrash siebenmal höhere Überlebenschancen als der Unfallgegner im normalen Pkw.

Der Politologe Ulrich Brand und der Soziologe Markus Wissen haben jüngst in ihrem Buch „Imperiale Lebensweise“ den Siegeszug der SUVs als ideales Symbol für das Leben auf Kosten von Umwelt und Schwächeren ausgemacht. Durch die aufwendige Produktion solcher Autos und ihren unmäßigen Spritverbrauch würden Ressourcen verschwendet und der Klimawandel angeheizt, doch die Fahrer hätten in einer unsicherer und chaotischer werdenden Welt das Gefühl, überall durchzukommen – selbst im Starkregen.

An solche Emotionen appelliert offenbar auch der Slogan mit der „Unabhängigkeitserklärung“. Wir finden: Kriegserklärung wäre passender.

In jedem Greenpeace Magazin zeigen wir auf der letzten Seite eine Fake-Werbeanzeige. Diese hier finden Sie in der Ausgabe 6.18 „Verantwortung“. Das Greenpeace Magazin erhalten Sie als Einzelheft in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel, alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone. Viel Inspiration beim Schmökern, Schauen und Teilen!

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