Dacia betont in seinem Slogan gerne sein Understatement: „Das Statussymbol für alle, die kein Statussymbol brauchen.“ Was ja ein Widerspruch in sich ist, denn wer Understatement pflegt, muss darauf nicht hinweisen. Und wer Dacia fährt, will zeigen, dass Prestige für ihn oder sie keine Rolle spielt. Das Geschäftsmodell der rumänischen Renault-Tochter: Autos zu Dumpingpreisen verkaufen. Dazu trimmt die Marke alles auf billig, von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb. 2005 kam das erste Modell Logan auf den Markt, eine Limousine zum Einstiegspreis von 7200 Euro.

Seitdem versteht Dacia seine schlichten Autos als Kampfansage an die Snobs dieser Welt – und gewann mit dem Fußballer Mehmet Scholl einen deutschen Publikumsliebling als Botschafter, ein Multimillionär, der für die Marke als Mann des Volkes auftritt und Bescheidenheit demonstriert. Zum Beispiel mit dem SUV von Dacia, das ironischerweise den Namen „Duster“ trägt, also „Zerstäuber“ (Gruß an die Diesellobby). In einem frühen Werbespot parkte Mehmet Scholl damit auf dem Parkplatz eines Golfclubs und feierte sich dort als bescheidenen Außenseiter inmitten all der Nobelautos.

Dabei ist ein SUV das Gegenteil von Understatement. Abstände eingerechnet, blockiert der abgestellte Duster schon in der kompakten Version 14 Quadratmeter Platz. Für größere SUV sind Parklücken oft gar nicht ausgelegt. Noch mehr Raum frisst so ein Auto während der Fahrt: Alle Sicherheitsabstände eingerechnet, benötigt ein fahrender Pkw wie der Duster rund 140 Quadratmeter. In den engen Städten verschlimmern immer mehr zugelassene Autos die Situation, verstopfte Straßen und schlechte Luft sind das Resultat.

Ungeachtet dessen versprechen die aktuellen Spots zum Duster grenzenlose Freiheit: Dacia-Fahrerinnen und -fahrer finden mitten in der Stadt spielend einen Parkplatz, blicken auf den weiten Horizont oder brettern einen Bergkamm hinunter. Andere Autos? Fehlanzeige. Dabei reicht laut ADAC die Gesamtlänge aller 2019 hierzulande gemessenen Staus 35,5-mal um die Erde. Autofahrer in Hamburg, Berlin und München stehen pro Jahr umgerechnet bis zu einer Woche lang, 41 Stunden verbringen sie mit der Parkplatzsuche.

SUV sind nicht nur das Extrembeispiel dafür, dass Autos immer größer werden, sie sind auch klimaschädlich: Die höheren, breiteren und schwereren Wagen verbrauchen im Schnitt 25 Prozent mehr Sprit und stoßen deutlich mehr CO2 aus als vergleichbare Pkw. Das Basismodell des Duster, der Access TCe 100 2WD, kommt auf 121 Gramm CO2 pro Kilometer, die Allradversion auf 140 Gramm. Seit 2020 sollen Pkw in der EU im Schnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Keine der Duster-Versionen schafft diesen Wert. Und auch das für 2021 angekündigte Dacia-E-Auto-Modell „Spring“ wird wieder ein SUV. Kein Wunder, denn die werden immer beliebter: Im vergangenen Jahr wurden rund 1,13 Millionen SUV und Geländewagen zugelassen, mehr als doppelt so viele wie 2013 (Genauer haben wir das in unserer Ausgabe zum Thema Auto unter die Lupe genommen, hier geht es zum Heft).

Dank Dacia kommen Kunden schon für wenig Geld an ein Riesenauto. Dabei ließe sich doch prima auf der subtileren Werbebotschaft des Herstellers aufbauen – Mobilität für alle erschwinglich zu machen. Ein anderer, älterer Spot ging nämlich so: Mehmet Scholl steht mit einem Kombi am Sportplatz. Ein Coupé fährt vor, der betuchte Fahrer steigt aus und ruft „Karl Theodor Friedrich Wilhelm Justus Friedeberg“ – sein Sohn trottet heran und steigt in den Zweisitzer. Dann reiht auch der Ex-Bayernprofi Namen aneinander, und eine Fußball-Jugendmannschaft kommt herbeigestürmt, die natürlich komplett in den Dacia passt. Die Idee dahinter war doch eigentlich gar nicht schlecht: Das sparsame Auto, das alle abholt – am besten per Fahrgemeinschaft.

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