Liebe Leserinnen und Leser,

„Oh, ich kauf' mir was / Kaufen macht so viel Spaß / Ich könnte ständig kaufen gehen / Kaufen ist wunderschön“ – so zog Herbert Grönemeyer schon 1983 das manische Shoppen musikalisch durch den Kakao. Vielleicht machte das in der Bundesrepublik der Wirtschaftswunderjahre wirklich noch Spaß, als es nach den Entbehrungen der Kriegs- und Nachkriegszeit scheinbar nur noch aufwärts ging und die Menschen nicht mehr jede D-Mark vor dem Ausgeben dreimal umdrehen mussten. Plötzlich gab es wieder alles, und wenn das Angebot der Kaufhäuser oder Versandhauskataloge – die kiloschweren Konsumbibeln von Neckermann oder Quelle gewissermaßen als analoge Vorläufer von Amazon – doch mal das Budget sprengte, konnte man ja Ratenzahlung vereinbaren.

Doch nicht erst seit der Globalisierung dämmert uns: Mag das Produkt noch so billig sein, irgendwo auf der Welt zahlt jemand mit Gesundheit und Menschenrechten. Schäden an Umwelt und Klima sind auch nicht mit eingepreist. Dabei macht uns die Dauer-Konsumorgie nicht glücklicher; häufig geht es uns so wie Herbert Grönemeyer in seinem Lied: „Bin ich erst im Kaufrausch / Frag ich gleich nach Umtausch / Weil ich an sich nichts brauch…“

So ist es, dachte sich die Redaktion des Greenpeace Magazins. Und wann ließe sich besser über Sinn und Unsinn der ständigen Spirale von Kauf, Umtausch und Wegwerfen nachdenken als in der Zeit um Weihnachten, für viele Unternehmen zumindest unter normalen Umständen die umsatzstärksten Wochen des Jahres? Also springen Sie beherzt mit uns ins Meer des Weniger.

Teresa Kraft und Wolfgang Hassenstein haben mit drei Generationen einer Familie über Konsum im Wandel der Zeit gesprochen, und obwohl sich alle der Probleme bewusst sind, können sie sich des Gefühls nicht erwehren, von manchen Dingen zu viele zu besitzen. Wir haben zudem Emnid beauftragt, mal nachzuforschen, wie viel weniger wovon es denn für die Deutschen sein darf, und die Postwachstumsökonomin Nina Treu nach Auswegen aus dem Dilemma des Immermehr gefragt. (Postwachstum hat nichts mit steigendem Paketaufkommen zu tun, eher im Gegenteil.)

Unsere Autorin Kathrin Hartmann erklärt, warum wir unbedingt ein Lieferkettengesetz brauchen, und wir stellen Menschen vor, die viel vom Weniger halten, die reparieren und retten, tauschen und teilen; wir geben Tipps und Denkanstöße für ein bewussteres und letztlich reicheres Leben, informieren Sie über die wirklich wahren Preise von Lebensmitteln, Kleidung oder Smartphones und erläutern optisch Vokabeln des Wohlstands von Hyperkonsum bis Genügsamkeit.

Außerdem lesen Sie, welche Langzeitschäden Uranmunition auch nach Ende des Krieges anrichtet und warum durch großräumige Anpflanzungen von Eukalyptus – auch für die deutsche Papierindustrie – in Portugal die Artenvielfalt leidet und die Waldbrandgefahr steigt. Die teils apokalyptischen, teils anrührenden Bilder des Fotografen Doug Gimesey zeigen, was die verheerenden Buschbrände des letzten Jahres in Australien Menschen, Tieren und Pflanzen angetan haben.

Sie erfahren ferner, unter welchen Bedingungen das in fast jedem Akku enthaltene Metall Kobalt im Kongo abgebaut wird, was Klimawandel und Artenvielfalt miteinander zu tun haben und wie sich ein nach Deutschland eingewanderter Elch namens Bert benimmt. Auf dem Speisezettel dieser Ausgabe finden Sie ein eher unverdauliches Fleischsiegel, den widerborstigen, aber schmackhaften Winterrettich und einen großen Topf Protestsuppe.

Wohl bekomm’s!

Unterschrift

Kerstin Eitner
Redakteurin