Liebe Leserinnen und Leser,

man wähle ein beliebiges Medium – mit ziemlicher Sicherheit wird man auf die eine oder andere Meldung zum Klima stoßen, derzeit gern in Kombination mit Dürre und Hitze.

Was da so berichtet wird, gibt wenig Anlass zur Freude. Die Schätzung kanadischer Wissenschaftler etwa, dass die Arktis Ende dieses Jahrhunderts nahezu eisbärfrei sein könnte, von einigen wenigen Exemplaren in der Hocharktis abgesehen. Oder die Berechnungen der Weltwetterorganisation WMO, dass es vielleicht schon in den nächsten Jahren um 1,5 Grad Celsius wärmer sein wird als in vorindustrieller Zeit. Das Fazit, das ein Team der University of Southampton aus geologischen Untersuchungen zieht, nämlich dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre im Jahr 2025, also praktisch gleich, so hoch sein wird wie zuletzt vor 3,3 Millionen Jahren.

Gletscherschmelze in der Alpenregion auf der Südinsel Neuseelands und in den deutschen Alpen, schwankende Böden durch tauenden Permafrost in Sibirien, Warnungen vor überhitzten Städten als Todesfallen – Letzteres ist kein Medien-Alarmismus, sondern kommt von der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA in den USA. Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, um vorherzusagen, dass der ärmere Teil der Bevölkerung darunter mehr leiden wird als der reichere.

Auch in Deutschland warnt eine Allianz namens „Klug“ (Klimawandel und Gesundheit), gegründet von Personen, Verbänden und Organisationen aus dem Gesundheitsbereich, vor Hitzewellen, für die das Land nicht gerüstet sei. Es gibt zwar ein bundesweites Hitzewarnsystem, aber wie diese Warnungen dann umgesetzt werden, entscheiden, Sie ahnen es, die Bundesländer.

Und wo bleibt das Positive? Ja, wo bleibt es? Immerhin: Peter Altmaier (CDU), hauptberuflich Schutzpatron der deutschen Wirtschaft, hat Versäumnisse bei der Klimaschutzpolitik eingeräumt und sieht „enormen“ Nachholbedarf. Auf so viel Einsicht dürfen wir allerdings bei Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nicht hoffen. Der fliegt mal eben von Hamburg nach Sylt. 187 Kilometer Luftlinie. Ist also auf dem Landweg kaum zu schaffen. Apropos Fliegen: 81 aller Regierungsmaschinen flogen im Zeitraum April 2019 bis April 2020 ohne Passagiere zwischen Bonn und Berlin. Wenn das nicht „gegen jeden Menschenverstand“ ist. Und sollten wir dieses Jahr doch noch mit knapper Not die Klimaziele erreichen (40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990), verdanken wir das dem milden Winter und dem coronabedingten Wirtschaftseinbruch, nicht der großartigen Politik. Mist!

Findet jenseits des Atlantiks auch der 71-jährige US-Amerikaner Andrew Feeney, gewissermaßen das Senioren-Pendant zu Greta Thunberg. In jeder Sitzungsperiode des Kongresses steht er täglich als Ein-Mann-Klimademo vor dem Kapitol in Washington mit einem Protestplakat, abends malt er immer ein neues. Zumindest tat er das bis Anfang des Jahres, bevor die Corona-Pandemie zuschlug. Aber ganz gleich, wo und wann: Klimaprotest ist wohl bis auf Weiteres alternativlos.

Unterschrift

Kerstin Eitner
Redakteurin