Liebe Leserinnen und Leser,

2113 Milliarden Dollar. So viel Geld haben die Staaten dieser Welt im vergangenen Jahr für Rüstung ausgegeben. Noch nie hat das Friedenforschungsinstitut SIPRI eine so hohe Zahl verkünden müssen. In den kommenden Jahren werden es wohl noch mal deutlich mehr werden, schlägt man die Abermilliarden, die in Deutschland und anderswo nun zusätzlich ins Militär fließen sollen, drauf.

Den Löwenanteil der Ausgaben verschlang die US-amerikanische Militärmaschinerie mit rund 801 Milliarden Dollar. Doch das „blanke“ Deutschland liegt schon auf Platz sieben.

Auch Russland hatte 2021 seine Militärausgaben auf 66 Milliarden Dollar deutlich gesteigert – Geld, das nun die Zerstörung ganzer Städte ermöglicht, Zehntausende Menschen das Leben kostet und Millionen in die Flucht treibt.

Die große Gefahr des Krieges in der Ukraine liegt auch darin, dass er andere Katastrophen aus dem Aufmerksamkeitsradar drängt. Nicht nur die Klimakrise ist aus der Nachrichtenflut verschwunden, die zusätzlichen Milliarden, die nun in Rüstung gesteckt werden, werden bei der Bewältigung von Umweltzerstörung, Hunger und Ungleichheit fehlen.

Auch wir in der Redaktion standen vor der Frage, in welchem Maße wir in unserer aktuellen Ausgabe, die heute erscheint, den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen zum Thema machen. Als wir das neue Greenpeace Magazin im Januar und Februar planten, freuten wir uns auf eine Ausgabe über nichts Geringeres als den Sinn des Lebens, ein Heft voller Geschichten von Menschen, die ihren Weg gefunden haben. Die mit Leidenschaft etwas für die Gesellschaft bewegen, den sozial-ökologischen Wandel voranbringen und Neues wagen. Passend zum Frühling sollte es ein lebensfrohes, inspirierendes Heft werden.

Dann griffen Putins Truppen die Ukraine an. Wie Millionen anderer verfolgten wir schockiert die Nachrichten. In der Redaktion spiegelten sich all die Gefühle, die auch die Familie, die Freundinnen und Freunde spürten: Entsetzen, Wut, Trauer, Angst, Hoffnungslosigkeit, ja manch eine Träne ist geflossen. Wir diskutierten viel und fragten uns auch: Passt ein hoffnungsfrohes Heft über sinnsuchende Menschen, die aufbrechen, in Zeiten von Krieg und Flucht? Es erschien uns zunächst völlig deplatziert.

Wenn sich Dinge derart verändern, hinterfragen Menschen sich selbst: Tue ich das Richtige? Wofür stehe ich ein? Das sagt die Psychologin Verena Haun im Interview mit meiner Kollegin Teresa Kraft. Auch wir brauchten diesen Moment des Innehaltens – und kamen zu dem Schluss: Jetzt erst recht!

Gerade jetzt brauchen wir Beispiele wie das aus Bremen, wo engagierte Bürgerinnen und Bürger in Eigenregie Solaranlagen auf Dächer und an Balkone montieren – und das Menschheitsprojekt Energiewende buchstäblich in die eigenen Hände nehmen, um die fossile Abhängigkeit zu beenden, die ja auch Kriege finanziert. Thomas Merten hat sie für unseren Schwerpunkt „Neue Wege“ besucht.

Gerade jetzt brauchen wir Geschichten über Menschen, die für sich und die Gesellschaft eine andere Zukunft entwerfen – und die die Dinge nicht einfach so lassen wollen, wie sie sind. So wie die vielen engagierten Ehrenamtlichen, die Geflüchteten helfen, die Demokratie verteidigen, bedrohte Arten schützen und gerettete Lebensmittel verschenken. „Ihre Hilfe ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält“, schreibt unser Autor Karl Grünberg.

Und wir brauchen Visionen, wie die, dass Frieden möglich ist – trotz Säbelrasselns und Aufrüstung. Deswegen haben wir unserem Schwerpunkt einige Gedanken zum Frieden vorangestellt. Die Wege zum äußeren und inneren Frieden lagen zwar selten so verborgen wie heute, schreibt da unser Kollege Fred Grimm. „Aber das heißt nicht, dass man nicht trotzdem auf die Suche gehen sollte.“

Wie sehr übrigens auch in anderen Teilen der Erde die Rüstungsausgaben den Naturschutz gefährden, zeigt das Beispiel Tschad. Der afrikanische Staat investiert lieber in Waffen als in die Große Grüne Mauer, ein internationales Vorhaben, das den Vormarsch der Wüste stoppen soll. In einer großen Reportage begleiten wir in unserem Teil 2 einen Ökologen, der sich unermüdlich für das kühne Begrünungsprojekt einsetzt.

Außerdem berichten wir aus dem sächsischen Pödelwitz, das zwar vor den Kohlebaggern gerettet wurde, nun aber händeringend Fördermittel für den Wiederaufbau sucht. Vom Fotografen George Steinmetz lassen wir uns mitnehmen zu den Schauplätzen der globalen Lebensmittelproduktion. Und passend zur Obstsaison werfen wir einen kritischen Blick auf die beliebten Smoothies, deren Öko- und Gesundheitsbilanz vielen nicht schmecken dürfte.

Wir wünschen Ihnen eine Mut machende Lektüre!

Das Greenpeace Magazin erhalten Sie als Einzelheft in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel, alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone.

Unterschrift

Frauke Ladleif
Redakteurin

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