Die Stimmung ist angespannt auf der eilig einberufenen Pressekonferenz am Freitagvormittag in Köln. Am Vorabend hatte die Aachener Polizei die geplante Großkundgebung am Hambacher Wald verboten. Nun informieren Dirk Jansen vom BUND, Martin Kaiser von Greenpeace, Christoph Bautz von Campact und Uwe Hiksch von Naturfreunde Deutschland über die Schwierigkeiten, den Veranstaltungsort genehmigt zu bekommen.   

Die Veranstalter der für Samstag geplanten Großdemonstration erwarten über 20.000 Teilnehmende, die gegen die geplante Rodung des Hambacher Waldes durch RWE protestieren wollen. Durch das zunächst ausgesprochene Verbot ist lange Zeit unklar, inwiefern die Veranstaltung stattfinden kann. Als Grund hatte die Pressestelle des Polizeipräsidiums Aachen „erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit bei der Durchführung der Versammlung“ angegeben.

Auf der Pressekonferenz kündigen die Veranstalter an, mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Aachen und dem Bundesverfassungsgericht gegen die Entscheidung vorgehen zu wollen – und sie haben Erfolg: Die Großdemonstration darf trotz der Sicherheitsbedenken der Polizei stattfinden. Das Verwaltungsgericht Aachen hat das Verbot innerhalb weniger Stunden aufgehoben. Es spreche „Überwiegendes“ dafür, dass das von der Aachener Polizei ausgesprochene Verbot der Demonstration rechtswidrig sei, so das Gericht. Die Polizei kündigte an, die Entscheidung zu akzeptieren und nicht vor das Oberverwaltungsgericht in Münster zu ziehen.

Gericht hat Rodungsstop des Hambacher Waldes verfügt

Es ist die zweite Niederlage für RWE an diesem Tag. Bereits am Vormittag hatte das Oberverwaltungsgericht Münster ein vorläufiges Rodungsverbot im Hambacher Wald verfügt. Die Richter entsprachen damit einem Antrag des BUND, der argumentiert hatte, dass im Hambacher Wald trotz der Zerstörung durch die Braunkohle große Bestände streng geschützter Tierarten vorhanden seien. Die verbliebenen Bestände der Eichen-Hainbuchenwälder gehörten noch immer zu den flächenhaft und qualitativ hochwertigsten Vorkommen dieses Lebensraumtyps in der ganzen atlantischen Region Deutschlands und hätten somit die Qualitäten eines europäischen FFH-Schutzgebietes.

Das Gericht hatte die Rechtsfragen für so komplex erklärt, dass man sie nicht in einem Eilverfahren beantworten könne und somit die Rodung vorerst gestoppt werden müsse, damit bis zur endgültigen Entscheidung keine „vollendeten, nicht rückgängig zu machenden Tatsachen geschaffen“ würden. Martin Kaiser von Greenpeace bezeichnet das Urteil als „Atempause für den Hambacher Wald“ und als „Meilenstein für den langen Weg des Kohleausstiegs“. Er will das Urteil mit allen am Samstag Anreisenden feiern. „Ich gehe davon aus, dass es morgen ein Happening geben wird“, so Kaiser am Freitagvormittag.

RWE geht derweil davon aus, dass der Rodungsstopp im Hambacher Wald bis Ende 2020 Bestand habven wird. Es sei damit zu rechnen, dass „möglicherweise erst Ende 2020“ eine bestandskräftige Gerichtsentscheidung vorliegen werde und RWE die Rodung erst anschließend wieder aufnehmen dürfe, erklärte das Unternehmen am Freitag. Das werde den Gewinn vor Steuern des Segments Braunkohle und Kernenergie ab 2019 „jährlich mit einem niedrigen dreistelligen“ Millionenbetrag belasten, prognostizierte der Konzern in einer Mitteilung an die Börse.

© Oliver Berg/dpaMit Farbe besprühte Bäume und ein Absperrband markieren den Rand des Hambacher Waldes.
© Oliver Berg/dpa

Mit Farbe besprühte Bäume und ein Absperrband markieren den Rand des Hambacher Waldes.

RWE hatte in den letzten Wochen alle Vorbereitungen getroffen, um ab dem 15. Oktober mit der Rodung des Waldes beginnen zu können. Polizeibeamte hatten schon am Dienstag diese Woche die letzten Baumhäuser aus dem Gebiet entfernt. Anschließend hatte RWE begonnen, Gräben um den Wald zu ziehen, Flatterband zu spannen und Verbotsschilder aufzustellen, um die Demonstration zu verhindern. Genützt hat es nichts.

„Es gibt in Deutschland ein Waldgesetz, das besagt, dass Wälder öffentlich zugänglich sein müssen, außer es gibt einen triftigen Grund. RWE wollte hier die Rodung geltend machen, aber durch den vom Oberverwaltungsgericht Münster beschlossenen Rodungsstopp gibt es diesen Grund ja nun nicht mehr“, sagt Cornelia Deppe-Burghardt von Greenpeace. Die Aufhebung des Demonstrationsverbot ist damit nur folgerichtig – und die nur kurz unterbrochenen Vorbereitungen gehen nun weiter. „Ich gehe davon aus, dass Tausende morgen kommen und unsere angemeldete Protestveranstaltung ein Erfolg wird“, so die Greenpeace-Sprecherin.

Redaktionsanmerkung: Da sich die Nachrichtenlage im Verlauf des Freitags (5.10.18) wiederholt geändert hat, haben wir den ursprünglichen Artikeltext geändert und an den aktuellen Stand bis Freitagnachmittag um 17:30 Uhr angepasst.

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