Schmutzige Abgase – das Problem ist dasselbe, der Ansatz aber neu. Die Deutsche Umwelthilfe zieht diesmal nicht vor Gericht, um die Bundesländer für die Luftverschmutzung in ihren Städten verantwortlich zu machen, die NGO geht nun auch gegen die Zulassungen bestimmter Fahrzeuge vor – und ist damit im ersten der insgesamt zehn Gerichtsverfahren gescheitert. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat am Mittwoch entschieden, dass die Klage der Deutschen Umwelthilfe sowohl unzulässig als auch unbegründet sei. Die Umwelthilfe hat angekündigt, in zweiter Instanz vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen.  

Schon im Vorfeld des Gerichtsverfahrens war Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch klar, dass hier rechtliches Neuland beschritten wird. „Wir sind sehr gespannt, wie das in Düsseldorf ausgeht. Wir haben extra zehn Verfahren parallel gestartet, weil es da unterschiedliche Rechtsinterpretationen geben kann.“ Ausgewählt haben die Umweltschützer nur solche Orte, in denen die Luftwerte besonders mies sind. Die Klagen hatten sie schon vergangenes Jahr eingereicht.

Umwelthilfe hat Auftakt-Verhandlung in Düsseldorf verloren

Düsseldorf war nur der Auftakt dieser Klagewelle. Konkret ging es um die Frage, ob die Stadt bestimmten Diesel-Pkws die Fahrerlaubnis wieder entziehen sollte. Diese Fahrzeuge würden – so argumentiert die Umwelthilfe – im realen Betrieb auf der Straße ein Vielfaches an Stickoxid-Emissionen ausstoßen, als rechtlich zulässig sei – trotz Software-Update. Betroffen waren etwa 600 Diesel-Pkws. Doch diese Fahrzeuge können jetzt weiterfahren.

Der Vorsitzende Richter begründete die Entscheidung damit, dass nur klagen kann, wer eine Verletzung in eigenen Rechten geltend mache. Das sei hier nicht der Fall, da „der Umweltverband allein Verstöße gegen objektiv-rechtliche Vorschriften des Umweltrechts rüge“. Und auch das Umwelt-Rechtsbehelfgesetz greife hier nicht. Dieses Gesetz gewährleistet, dass Verbände in Umweltbelangen Klagen anstrengen können.

Das Gericht entschied aber auch in der Sache gegen die Umwelthilfe und verkündete im Urteil, dass nach dem von den Herstellern durchgeführten Software-Update die Motoren auf dem Rollenprüfstand die Grenzwerte einhalten, der Abgasausstoß auf der Straße sei laut Urteil zulassungsrechtlich unerheblich.

„Bremsen müssen bei nasser Fahrbahn ja auch vorschriftsmäßig funktionieren“

Das allerdings ist genau der Punkt, den die Umweltschützer beanstanden. Es geht um die Frage, ob die Autos nur „während der 20-minütigen Zulassungsprüfung im Labor sauber sein müssen oder auch auf der Straße.“ Damit spricht sich Resch auch gegen bestimmte genehmigte Ausnahmen wie die sogenannte Temperaturabschaltung in Autos aus, die bei niedrigen Temperaturen – 15 Grad oder darunter – nur noch mit reduzierter Abgasreinigung arbeite und das Auto somit höhere Emissionsraten von Stickoxiden ausstoße als beim Testlauf.

Das sei in Düsseldorf besonders problematisch, da hier die Atemluft bereits erheblich mit dem Abgasgift Stickstoffdioxid belastet sei. Die Autoindustrie argumentiert hingegen mit Motorschutz. „Das ist Quatsch! Genau wie die Bremse auch in jeder Straßensituation vorschriftsmäßig funktionieren muss, egal ob bei Gegenwind, in Kurven, bei nasser Fahrbahn, muss das auch für die Abgasreinigung gelten“, so Resch.

Der Sprecher vom Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalen, Bernhard Meier, sieht die Forderungen der Umwelthilfe kritisch: „Pauschale Fahrverbote bringen einen Haufen Probleme mit sich.“ Meier sorgt sich um die Fahrzeughalter, wenn solch ein Urteil erfolgen würde: „Und natürlich trifft es zuallererst die Autobesitzer, die beim Kauf getäuscht wurden.“

Meier räumt im Gespräch mit dem Greenpeace Magazin ein, dass ein konkretes Gesamt-Mobilitätskonzept weder in Düsseldorf noch in den anderen belasteten Städten in Nordrhein-Westfalen vorliege, mit dem in den nächsten Jahren ein bestimmtes Maß an Schadstoffreduzierungen garantiert werden könnte. Allerdings gäbe es Pläne für den Ausbau einer Elektrobusse-Flotte, Landstromversorgung für Binnenschiffe und zum Beispiel den Ausbau von E-Bike-Verleih und Mobilitätsstationen.

Die Klagewelle rollt – gegen Pkw-Zulassungen und für Luftreinhaltung

Die Umwelthilfe lässt sich von der Kritik und einer ersten Niederlage vor Gericht nicht aufhalten. Weitere Gerichtsverfahren zu der Zulassungsfrage stehen in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Mainz, München, Stuttgart und Wiesbaden an. Ob diese sich an dem ersten Gerichtsurteil orientieren, ist völlig offen. „Rechtlich sind die da nicht gebunden, das ist mehr eine psychologische Frage“, sagte Christoph Schulte-Bunert, Sprecher des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, dem Greenpeace Magazin.

Parallel zu den Klagen gegen die Kfz-Behörden fährt die Deutsche Umwelthilfe auch noch eine andere Strategie. Am 22. Februar dieses Jahres erwarten die Umweltschützer in Leipzig das richtungsweisende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, indem es wieder direkt um die Luftreinhaltungsfrage geht – also die generellen Grenzwerte, die nach EU-Recht in deutschen Städten eingehalten werden müssen. Um diese zu gewährleisten, hatte die Deutsche Umwelthilfe das jeweilige Bundesland verklagt. Und hier steht zumindest schon einmal fest, dass die Umwelthilfe klageberechtigt ist. „Saubere Luft geht jeden etwas an, bei der Luftreinhaltung kann auch jeder Bürger klagen“, so Gerichtssprecher Schulte-Bunert.