Terrassenplatten so heiß, dass man sie mit den Füßen kaum berühren mochte. Wasserstände so niedrig, dass Flüsse zu Rinnsalen vertrockneten. Nächte so warm, dass sie Schlafen beinah unmöglich machten. Dieser Sommer hatte es in sich, und auch wenn es im Süden noch einmal heiß werden soll: Meteorologisch gesehen herrscht nun Herbst. In eben diesem verlieh nun der Deutsche Wetterdienst dem gerade zu Ende gegangenen Sommer das Prädikat „außergewöhnlich“.

Schon der April, der in manchen Jahren eine nie enden wollende Durststrecke Richtung Wärme sein kann, läutete in diesem Jahr den Sommer ein. Er war der wärmste April seit Beginn der Aufzeichnungen 1881, also seit 137 Jahren. Mai: ebenfalls der wärmste seit 137 Jahren. Der Juni schaffte es nur auf Platz sieben, Juli auf den vierten Platz, der August wurde wieder deutlich heißer und landete auf Platz zwei. Bundesweit war das insgesamt mit einer Durchschnittstemperatur von 19,3 Grad der zweitwärmste Sommer, im Norden und Osten sogar der wärmste Sommer überhaupt. Bernburg in Sachsen-Anhalt verzeichnete am letzten Julitag ein Temperaturhoch von 39,5 Grad, Frankfurt am Main und die Ostseeinsel Greifswalder Oie durchschwitzten 13 und 14 sogenannte Tropennächte, in denen das Thermometer nicht unter zwanzig Grad sank. Wer also glaubt, so einen Hitzesommer in Deutschland noch nie erlebt zu haben, der hat damit absolut Recht.

Als solcher brachte dieser nicht nur Temperaturrekorde, noch nie hat es seit Beginn der Aufzeichnungen weniger geregnet, mit Ausnahme von 1911. Von April bis August fiel vierzig Prozent weniger Regen als sonst durchschnittlich zu dieser Zeit. Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt erlebten den trockensten Sommer seit 1881 – nie hatte es in diesem Zeitraum in der Mitte Deutschlands weniger geregnet als 2018. Das trocknete nicht nur ganze Flüsse und Seen aus – und tötete zusammen mit der Hitze tausende Fische –, sondern verwandelte auch blühende Landschaften in staubige Steppen.

Hitze und Trockenheit sorgen für Ernteausfälle

Mit am härtesten traf das die Bauern: Ihre Felder verdorrten und ihrem Vieh fehlte das Futter. Für die meisten Pflanzen wird es kritisch, wenn die Bodenfeuchtigkeit unter vierzig Prozent fällt – im Osten Deutschlands sank sie unter zehn Prozent. Schon im Juli hatte Joachim Rukwied, Präsident des Bauernverbandes, massive Ernteausfälle prophezeit und von der Regierung eine Milliarde Euro Soforthilfe gefordert. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte sich zwar besorgt gezeigt, wollte vor dem offiziellen Erntebericht aber keine Zusagen machen. In diesem war dann am 24. August zu lesen: „Auf den Punkt gebracht sind die diesjährigen Ernteergebnisse sowohl bei Getreide als auch bei Raps weit unterdurchschnittlich.“ Es war die niedrigste Getreideernte seit 1994, auch die Kartoffelernte wird schlecht werden, die Äpfel bleiben klein. Jeder 25. landwirtschaftliche Betrieb ist nach Einschätzung der Länder in seiner Existenz bedroht.

Klöckner erklärte die Trockenheit daraufhin zu einem Witterungsereignis von „nationalem Ausmaß“ und sagte zwar nicht die gewünschte Milliarde Soforthilfe zu, aber immerhin 340 Millionen Euro. Damit sollen kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden, deren Existenz durch die Dürre bedroht ist. Definiert wird das wie folgt: Die Ernte muss mindestens dreißig Prozent geringer ausfallen als normalerweise und der Schaden muss größer sein als das Kapital, das für Investitionen oder Schuldentilgung bereitsteht. Dann werden aber auch nur fünfzig Prozent des Schadens gedeckt, mehr als 500.000 Euro soll kein Betrieb bekommen.

„Die aktuellen Ernterückgänge und vertrockneten Wiesen sollten alle wachrütteln. Wir müssen die Treibhausgasemissionen viel schneller reduzieren als bisher vorgesehen“, sagte Martin Schulz, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), als Reaktion auf den Ausnahmezustand. „Wir Bauern brauchen den Klimaschutz und deshalb auch eine Landwirtschaft und eine Agrarpolitik, die das Klima schont und schützt“, pflichtete ihm AbL-Geschäftsführer Georg Janßen bei. Es bleibt die Frage: Lässt sich die Hitze tatsächlich auf den Klimawandel zurückführen oder waren die Herren voreilig?

Wissenschaftliche Studien bestätigen die Befürchtungen

Eine Antwort darauf hat die Klimaforscherin Friederike Otto. So erlebte nicht nur Deutschland einen extremen Sommer, sondern die ganze Nordhalbkugel. Dafür verantwortlich sei aber nicht eine große Hitzewelle, sagt die Wissenschaftlerin: „All diese individuellen Hitzewellen haben einen Faktor, der sie verbindet, und das ist der Klimawandel.“ Die Berechnungen von ihr und ihren Kollegen ergaben, dass der Klimawandel die Hitzewelle an vielen Orten Nordeuropas mehr als zweimal so wahrscheinlich machte als ohne ihn. Das war also nicht nur Wetter, das ist schon Klima.

„Durch den Klimawandel bedingte Risiken durch Extremereignisse wie Hitzewellen, extreme Niederschläge und Küstenüberschwemmungen sind jetzt schon moderat und wären bei weiterer Erwärmung um ein Grad hoch“, schrieb der Weltklimarat in seinem aktuellsten Bericht 2014. „Der Klimawandel ist eine der größten weltweiten Bedrohungen für die Gesundheit der Menschen im 21. Jahrhundert“, mahnte Giovanni Forzieri vom Forschungszentrum der EU-Kommission letztes Jahr. Da hatte er eine Studie vorgestellt die ergab, dass Extremwetter in Europa künftig jährlich 152.000 Menschen das Leben kosten könnten. Aktuell diskutieren Vertreter von Städten, Regionen, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure vom 12.-14. September in San Francisco darüber, wie Klimaschutz auf allen politischen Eben verstärkt werden kann. Zum sogenannten Global Climate Action Summit 2018 hatte der kalifornische Gouverneur Jerry Brown geladen, der Gipfel ist eine weitere Etappe auf dem Weg zum Weltklimagipfel im Dezember dieses Jahres in Katowice. 

Begleitende Maßnahmen zum Klimawandel stehen verstärkt auf der politischen Agenda. Auch Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, schließt sich dem Diskurs an: „Wir erwarten in der Zukunft eine Zunahme von solchen extremen Perioden mit all ihren Konsequenzen für unsere Gesellschaft. Dies erfordert von uns allen intensivere Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen.“ Das bedeutet für Städte weniger versiegelte Flächen, dafür mehr Grünanlagen und mehr Wasser. Für die Landwirtschaft bedeutet das mehr Vielfalt, um den Ausfall einiger Ernten besser verkraften zu können. Für die Küsten bedeutet das höhere Deiche und für die Wälder mehr naturnahe Rein- und Mischwälder als leicht brennbare Kiefer- und Fichtenwälder.

Und was bedeutet das für uns? Eine ausführliche Antwort darauf hat die New York Times. Auf einer interaktiven Plattform beantwortet die Zeitung die Frage, wie viel wärmer es in der eigenen Heimatstadt im Vergleich zu dem Jahr geworden ist, in dem man geboren wurde, zeigt wie viel stärker die Temperaturen noch ansteigen und stellt das in einen globalen Zusammenhang. Knapp zusammengefasst: Es wird heiß.

Redaktionsanmerkung: Den Hinweis auf den Global Climate Action Summit 2018 haben wir nachträglich, am 12.09.18 um 16:40 Uhr, hinzugefügt.