Liebe Leserinnen und Leser,

Plagiatsvorwürfe, Lacher im Katastrophengebiet, Razzien in Bundesministerien und hitzige Wortgefechte vor der Kulisse diverser Triell-Fernsehstudios: All das liegt nun hinter uns, und vor uns nur noch eins – der Stimmzettel in der Wahlkabine (sollten Sie nicht bereits via Briefwahl ihre Kreuze gemacht haben). Nach 16 Jahren Angela Merkel gibt es im Bundeskanzleramt einen Tapetenwechsel – ob diese zukünftig rot, grün oder schwarz ohne Rautenmuster ist, darüber entscheiden die Wählerinnen und Wähler am Sonntag.

Anlässlich dieser monumentalen Weichenstellung macht auch die Klimaschutzbewegung Fridays for Future mobil – Tausende Menschen wollen heute deutschlandweit demonstrieren. In Berlin hat sich hoher Besuch angekündigt: Greta Thunberg wird vor dem Reichstagsgebäude eine Rede halten. Über den Streik, aber vor allem über die Anforderungen an die nächste Bundesregierung haben die klimareporter° mit der Energieprofessorin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gesprochen. Sie sagt: „Diese Bundestagswahl ist eine Klimawahl“. Und: Klimaschutzmaßnahmen sind „keine Utopien. Damit können wir morgen anfangen, nein, heute.“

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein besonnenes Wahlwochenende. Wir melden uns am Montag wieder – pünktlich zu den Koalitionsverhandlungen. Doch zuvor: eine letzte Presseschau in „Merkels Deutschland“. Angenehme Lektüre!

WHO fordert strengere Richtwerte für Luftverschmutzung

Radiobeitrag, 5 Minuten Laufzeit

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre Richtwerte für gängige Luftschadstoffe drastisch verschärft. Demnach gibt es wohl keine Unbedenklichkeitsschwellen für Stickstoffdioxid und Feinstaub. Etliche Fachgesellschaften fordern nun schärfere EU-Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Und nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen Brüssel nun in der Pflicht – auch das Europäische Parlament. Es hat die EU-Kommission erst vor Kurzem dazu aufgefordert, die Grenzwerte für Luftschadstoffe anzupassen. Orientieren soll sie sich dabei ausdrücklich an den neuen WHO-Leitlinien. Wie anspruchsvoll die Aufgabe ist, zeigt auch ein neuer Report der Europäischen Umweltagentur. Der Bericht hält fest, wie häufig selbst die alten WHO-Jahresrichtwerte im Jahr 2019 noch überschritten wurden – an wenigstens einer Messstation. Beim Feinstaub galt das für rund 30 europäische Länder und bei Stickstoffdioxid für 22. Der Deutschlandfunk liefert die Details

Guterres und Johnson machen vor Klimakonferenz Druck

Bericht, 3 Minuten Lesezeit

Wenige Wochen vor der mit Spannung erwarteten und zu scheitern drohenden Klimakonferenz von Glasgow wird der Druck auf stärkere Anstrengungen größer. „Ich fordere alle Mitgliedstaaten auf, in ihren nationalen Beiträgen für Cop 26 mehr Ehrgeiz zu zeigen und ihre Verpflichtungen in konkrete und sofortige Maßnahmen umzusetzen“, appellierte UN-Generalsekretär António Guterres am Donnerstag bei einer hochrangig besetzten Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Thema Klima und Sicherheit. Konkret heiße das, dass bis 2030 die globalen Emissionen um 45 Prozent gesenkt werden müssen. Sonst würden die „verheerenden Auswirkungen“ der Klimakrise unkontrollierbar. Bei der zeitgleich laufenden Generaldebatte der UN-Vollversammlung betonte außerdem der britische Premier Boris Johnson, die Menschheit habe ihr Schicksal selbst in der Hand: „Wir haben eine großartige Macht, Dinge zu ändern oder zum Besseren zu verändern, und eine großartige Macht, uns selbst zu retten“. Das berichtet der Standard

Wachsender Berg an Elektronikschrott

Kommentar, 2 Minuten Lesezeit

Der Berg an Elektronikschrott ist einer der am schnellsten wachsenden Müllberge unserer Zeit. Über 50 Millionen Tonnen jährlich sind es aktuell, 2030 sollen es Prognosen der Universität der Vereinten Nationen zufolge 75 Millionen sein, 2050 dann 111 Millionen jährlich. Die immense Steigerung liegt an drei Entwicklungen. Erstens: Immer mehr Geräte werden mit elektronischen Teilen ausgestattet. Zweitens: Immer mehr Menschen nutzen elektronische Geräte. Drittens: Die Lebenszyklen von Produkten sinken, teilweise direkt bedingt durch neue Elektronik-Komponenten, bei denen man in Hard- oder Software gleich ein Ende des Lebenszyklus anlegen kann. Wenn die EU-Kommission jetzt also endlich einen Gesetzentwurf vorlegt, das Hersteller zu einem einheitlichen Ladeanschluss bei Smartphones und ähnlichen Geräten verpflichtet und damit 980 Tonnen Elektronikschrott im Jahr vermieden werden sollen, steht eine Frage im Raum: Warum in aller Welt erst jetzt? Das fragt Svenja Bergt bei taz.de

Lithium ist der neue Kohlenstoff

Hintergrund, 3 Minuten Lesezeit

Deutschland soll zum zentralen Standort für Batterieherstellung in Europa werden und Mitteldeutschland gleichzeitig, auch nach der Energiewende, ein wichtiger Infustriestandort bleiben. Möglich machen soll das der Werkstoff Lithium. Um dessen Herstellung und Verarbeitung ins Land zu holen und neue Industriezweige zu entwickeln, wurde nun an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg das Deutsche Lithium-Institut ITEL eröffnet. Das Institut hat sich auf die Fahne geschrieben, die interdisziplinäre, CO2-neutrale Kreislaufwirtschaft für Lithium in Deutschland zu prägen, denn durch die Umstellung auf Elektromobilität wird Deutschland zum zentralen Standort für die Batterieherstellung in Europa. Ein weiterer Schwerpunkt des Instituts liegt auf der Erforschung neuer Produktionsschritte zur Optimierung der Beiproduktwertschöpfung. Die Hintergründe gibt es beim MDR

Der wahre Preis des Goldes

Hintergrund, 11 Minuten Lesezeit

Gold ist in Krisenzeiten vielen lieb und teuer. Doch den wahren Preis dafür zahlen die Yanomami und andere Indigene im Amazonas-Tiefland. Nun streckt auch noch eine Mafia die Finger nach ihrem Land aus: Bis in die hintersten Ecken Amazoniens frisst sich der illegale Bergbau mit seinem zerstörerischen Potenzial und seinen kriminellen Methoden. Er ist in den vergangenen Jahren förmlich explodiert – in die entlegensten Gebiete, in indigenes Land und in die Naturschutzgebiete vorgestoßen. Denn je weiter entfernt von den urbanen Zentren er betrieben wird, desto geringer ist die Chance, dass den Unternehmen die Behörden in die Quere kommen, berichtet das Spektrum Magazin

Wahlkampf der Nebensächlichkeiten

Kommentar, 5 Minuten Lesezeit

Der deutsche Wahlkampf war ein Triumph der Nebensächlichkeiten. Wie konnten Politik und Medien taub und blind gegenüber einer Katastrophe sein, die global spürbar ist? Das konstatiert Bernhard Pörksen in einem Kommentar für Zeit Online und schreibt weiter: „Die Themenvermeidung und Themenverwässerung, die umfassende Wirklichkeitsverdünnung und -verdrängung ist unter den aktuellen Medienbedingungen eine schlechte, in ihren Konsequenzen zunehmend gefährliche, aber doch einigermaßen verstehbare Reaktion. Kommt man aus einer solchen Dynamik überhaupt raus? Kann der Journalismus andere Diskursformen entwickeln, die dem befreiten und befreienden Sprechen und den großen programmatischen Debatten, die es gerade jetzt bräuchte, wieder mehr Raum geben? Und kann der Journalismus – auf dem Weg zu einer zweiten Natur der Offenheit und der Berührbarkeit – der allgemein menschlichen Neigung zur Verdrängung und Verniedlichung der Klimakatastrophe entgegenwirken? Ich weiß es nicht“