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Bundesrat billigt Grundrente und Kohleausstieg

Die Grundrente bessert die Bezüge von 1,3 Millionen Rentnern auf. Zugleich stellte der Bundesrat mit dem Kohleausstieg eine Weiche für die Zukunft.

Berlin (dpa) - Grundrente, Kohleausstieg, Hasskriminalität - in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hatte der Bundesrat ein wahres Mammutprogramm zu bewältigen. Viele Rentner mit kleinen Bezügen können nun im neuen Jahr mit mehr Geld rechnen. Mit dem Ende der Kohleverstromung und einer klaren Absage an Hasskriminalität im Netz brachte die Länderkammer weitere wichtige Veränderungen auf den Weg. Die wichtigsten Beschlüsse vom Freitag:

GRUNDRENTE: Rund 1,3 Millionen Menschen dürfen vom nächsten Jahr an mit aufgebesserten Renten rechnen. Nachdem der Bundestag die Grundrente verabschiedet hatte, zog am Freitag auch der Bundesrat nach. Allerdings wird mit Verzögerungen bei der Auszahlung gerechnet. Das Gesetz soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Für den Zuschlag müssen Rentner mit kleinen Bezügen mindestens 33 Jahre Beiträge eingezahlt haben. Sie müssen die Grundrente nicht extra beantragen, sie kommt automatisch, sobald Rentenversicherung und Finanzbehörden die Einkommensverhältnisse abgeglichen haben.

Den Steuerzahler kostet die Grundrente schätzungsweise 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro pro Jahr. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wollte dafür eine Finanztransaktionssteuer einführen. Weil diese noch nicht in Sicht ist, kommt das Geld jetzt aus dem Bundeshaushalt.

KOHLEAUSSTIEG: Deutschland steigt bis spätestens 2038 schrittweise aus der Kohle aus. Bundestag und Bundesrat stimmten am Freitag zwei zentralen Gesetzen zu. Sie sehen einen konkreten Fahrplan zur Stilllegung von Kohlekraftwerken sowie Strukturhilfen von 40 Milliarden Euro vor. Das Geld soll den Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg beim Umbau ihrer Wirtschaft sowie beim Ausbau der Infrastruktur helfen. Betreiber von Kohlekraftwerken sollen Milliardenentschädigungen für die vorzeitige Stilllegung ihrer Anlagen bekommen.

GESETZ GEGEN HASSKRIMINALITÄT: Die Länderkammer beschloss das neue Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet. Wer online Hassbotschaften verbreitet oder Menschen bedroht, muss demnach künftig mit schärferer Verfolgung rechnen.

So sollen soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter Posts etwa mit Neonazi-Propaganda oder Mord- und Vergewaltigungsdrohungen künftig nicht mehr nur löschen, sondern sofort dem Bundeskriminalamt melden. Um die Täter schnell zu identifizieren, müssen sie auch IP-Adressen weitergeben. Bei besonders schweren Straftaten wie Terrorismus und Tötungsdelikten können nach einem Richterbeschluss auch Passwörter verlangt werden. Sind diese bei den Anbietern verschlüsselt gespeichert, werden sie auch genauso übermittelt.

NEUE REGELN FÜR SCHWEINEHALTUNG: Nach jahrelanger Diskussion hat der Bundesrat neuen Regeln für die Schweinehaltung zugestimmt. Die umstrittene Fixierung von Sauen in engen «Kastenständen» wird beschränkt. Nach einer Übergangszeit von acht Jahren sollen diese Stände im Deckbereich der Ställe nicht mehr zulässig sein. Sauen sollen nur noch direkt bei der Besamung fixiert werden dürfen. Generell soll eine Gruppenhaltung mehr Platz im Stall gewährleisten.

SOLAR-FÖRDERDECKEL AUFGEHOBEN: Neue Solaranlagen werden auch in Zukunft über die Ökostrom-Umlage gefördert. Der Bundesrat gab grünes Licht dafür, den Förderdeckel von 52 Gigawatt installierter Leistung aufzuheben. Zugleich billigte die Länderkammer eine Länderöffnungsklausel für Abstandsregeln bei Windkraftanlagen. Damit können die Länder eigene Mindestabstände von höchstens 1000 Metern zwischen Windrädern und Wohnbebauung vorschreiben. Dies soll die Akzeptanz von Windrädern erhöhen, gegen die es oft Proteste gibt.

ENTSANDTE AUSLÄNDISCHE BESCHÄFTIGTE: Beschäftigte, die vom EU-Ausland nach Deutschland entsandt werden, sollen künftig verstärkt zu hiesigen Bedingungen arbeiten. Der Bundesrat beschloss ein Gesetz, das ihnen nicht nur Anspruch auf Mindestlohn, sondern auch auf Tariflohn aus allgemeinverbindlichen Tarifverträgen gibt. Auch Überstundenausgleich sowie etwaiges Urlaubs- oder Weihnachtsgeld müssen gezahlt werden.

MELDEPFLICHT FÜR HAUSTIERE MIT CORONA: Hunde, Katze oder Goldhamster, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, müssen künftig den Behörden gemeldet werden. Ziel einer entsprechenden Verordnung ist, dass die Ansteckung von Haustieren besser erforscht werden kann. Die Tierärzte übernehmen die Meldung bei den zuständigen Veterinärämtern.

NEUREGELUNG VON ADOPTIONEN ABGELEHNT: Die Länder lehnten ein Gesetz ab, mit dem die Adoption von Kindern umfassend neu geregelt werden sollte. Kritisiert wurde unter anderem, dass die Situation für lesbische Paare dadurch deutlich schwieriger werde. Bundestag oder Bundesregierung können nun den Vermittlungsausschuss anrufen, um mit den Ländern über einen Kompromiss zu verhandeln.

WAHL EINER NEUEN VERFASSUNGSRICHTERIN: Die ostdeutsche Rechtsprofessorin Ines Härtel wird neue Richterin am Bundesverfassungsgericht. Der Bundesrat wählte sie einstimmig zur Nachfolgerin von Johannes Masing im Ersten Senat des höchsten deutschen Gerichts. Masings Amtszeit war schon im April nach zwölf Jahren zu Ende gegangen.

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