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Pflanzen, Tiere, Menschen: Wo die Genschere angewendet wird

Berlin (dpa) - Die Genschere Crispr/Cas9 ist ein mächtiges Werkzeug, das die Welt in vielen Bereichen verändern könnte. Ein Überblick.

- Nutzpflanzen: Mit der neuen Genschere Crispr/Cas9 ist es wesentlich einfacher geworden, Pflanzen gentechnisch zu verändern. Befürworter sehen darin eine große Chance, Nutzpflanzen wie Soja, Kartoffeln oder Getreide zu verbessern, also zum Beispiel widerstandsfähiger, ertragreicher, nahrhafter oder lagerfähiger zu machen. Insbesondere in Hinblick auf die fortschreitende Klimaerwärmung und die wachsende Weltbevölkerung könnte das von Bedeutung sein. Gleichzeitig gibt es Befürchtungen, das gentechnisch veränderte Pflanzen in der Umwelt Schaden anrichten könnten. In Deutschland werden laut Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter bislang keine Crispr-Nutzpflanzen angebaut, in den USA stehen hingegen schon erste davon auf dem Acker.

- Nutztiere: Durch die neue Technik lassen sich landwirtschaftlich genutzte Tiere mit vergleichsweise wenig Aufwand verändern. So könnten beispielsweise Schweine erzeugt werden, die gegen bestimmte Viren immun sind, wie der Nutztiergenetiker Wilfried Kues vom Friedrich-Loeffler-Institut erklärt. Unternehmen arbeiteten auch an hornlosen Rindern und besonders muskulösen Tieren. Um das Schreddern männlicher Küken zu verhindern, können diese per Genschere mit Fluoreszenzmarkern versehen werden, um sie früh in ihrer Entwicklung auszusortieren. Allerdings lassen die rechtlichen Rahmenbedingungen in den USA und Europa die Vermarktung solcher, durch Genscheren veränderter, Tiere praktisch nicht zu, wie Kues sagt.

- Gentherapie: Forscher hoffen, mit Crispr/Cas9 Menschen mit bestimmten Gendefekten helfen zu können, zum Beispiel bei Bluterkrankungen. Dabei werden Zellen dem Patienten entnommen und im Labor mit Hilfe der Genschere bearbeitet. Anschließend kommen die Zellen zurück in den Körper. Mit Crispr/Cas9 wollen Forscher auch Immunzellen so verändern, dass sie dann Krebs bekämpfen. Laut dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller werden erste Crispr/Cas9-Therapien bereits in ersten klinischen Studien geprüft. Zugelassene Crispr/Cas9-Therapien gebe es noch nicht.

- Bekämpfung von Stechmücken: Um durch Moskitos übertragene Krankheiten wie beispielsweise Malaria effektiver zu bekämpfen, arbeiten Forscher an einem besonderen Ansatz. Im Labor verändern sie Mücken mit Hilfe von Crispr/Cas9 so, dass die Tiere nach ihrer Freilassung bestimmte Genschäden in die natürlich vorkommende Mückenpopulation tragen - und diese dadurch stark eindämmen. Außerdem sei vorstellbar, den Mücken Gene einzupflanzen, die den Malaria-Erreger direkt bekämpfen, sagte der US-Milliardär Bill Gates, dessen Stiftung die Forschung dazu finanziell unterstützt.

- Medikamentenentwicklung: In Arzneimitteln direkt wird Crispr/Cas9 nicht verwendet, wie ein Sprecher des Verbands forschender Arzneimittelhersteller erklärt. Doch in den Labors hat sich die Genschere binnen kürzester Zeit etabliert, denn: «Die Technik kann man auch benutzen, um bestimmte Labortiere zu züchten oder Gewebe gentechnisch zu verändern.» Damit könne man dann Versuche machen, um neue Medikamente zu entwickeln.