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Steinmeier kritisiert Chinas Hongkong-Politik

Ein Völkerrechtsverstoß - der Bundespräsident äußert sich zu Chinas Vorgehen in Hongkong unmissverständlich. Und er hält Konsequenzen für nötig. Die Frage ist nur, wozu die EU an diesem Montag im Stande ist.

Berlin (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat China wegen des sogenannten Sicherheitsgesetzes in Hongkong scharf kritisiert und Konsequenzen vorhergesagt. «Der völkerrechtliche Verstoß dokumentiert sich gleich zweifach», sagte er am Sonntag im ZDF-Sommerinterview. China verstoße unter anderem gegen das Grundgesetz für Hongkong und außerdem gegen selbst abgegebene internationale Vereinbarungen und Versprechungen. Deswegen habe neben anderen auch Deutschland bereits reagiert.

Am Vorabend der Beratungen der EU-Außenminister über das Thema an diesem Montag fügte Steinmeier hinzu: «Worauf es ankommt ist, dass wir China jetzt klar machen: Das ist nicht ein Zustand aktueller Empörung. Sondern wenn es dabei bleibt, dann wird es eine nachhaltige, negative Veränderung zu den europäischen, zu den westlichen Staaten geben.» Daran könne China kein Interesse haben. «Deswegen hoffe ich immer noch, dass es Möglichkeiten zur Umkehr im chinesischen Denken gibt.»

Bundesaußenminister Heiko Maas mahnte vor dem Treffen mit seinen EU-Kollegen eine einheitliche europäische Position an. «Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir rasch darüber beraten, welche Konsequenzen sich aus dem Gesetz für unser Verhältnis zu Hongkong und China ergeben. Am Montag wird es dazu erste Vorschläge geben», sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag).

«Ich bin fest davon überzeugt, wir können gegenüber China nur dann etwas erreichen, wenn wir als EU geschlossen mit einer Stimme sprechen», betonte Maas. Andernfalls drohten den Europäern erhebliche Nachteile: «Europa muss in erster Linie aufpassen, dass es in der Großmächterivalität zwischen den USA und China nicht unter die Räder gerät.» Maas kündigte eine genaue Prüfung der Auswirkungen von Chinas Sicherheitsgesetz an. Es gehe jetzt vor allem darum, ob China sich an seine internationalen Verpflichtungen halte.

Ungeachtet massiver weltweiter Kritik hatte Peking Ende Juni ein neues sogenanntes Sicherheitsgesetz verabschiedet. Es richtet sich in Hongkong gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Kritiker befürchten ein Ende des Prinzips «ein Land, zwei Systeme», nach dem Hongkong seit der Rückgabe 1997 an China autonom und mit eigenen Freiheitsrechten verwaltet wird.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Bundesregierung zögerliches Verhalten gegenüber China vor. «Ich verstehe nicht, wie wir in so einer dramatischen Lage eine so schweigsame Bundeskanzlerin haben», sagte sie der «Bild am Sonntag».

Wirtschaftsminister Peter Altmaier warnte am Wochenende davor, wegen des Vorgehens der chinesischen Regierung in Hongkong wirtschaftliche Konsequenzen zu ziehen. «Es war immer die Politik der westlichen Staatengemeinschaft, auch der EU, dass internationale Handelsbeziehungen nicht allein daran ausgerichtet werden können, wie demokratisch ein Land ist», sagte der CDU-Politiker der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Samstag). Altmaier betonte zugleich: «Für die Bundesregierung haben der Schutz und die Einhaltung von Menschenrechten höchste Priorität. Das machen wir auch gegenüber China deutlich.» FDP-Fraktionsvize Michael Theurer bezeichnete dies als «schlicht nicht glaubwürdig».