In einer Castingshow zur Wahl der coolsten Tierart wäre der Schneeleopard heißer Titelkandidat. Der Blick unergründlich, das Fell stylisch geringelt, der Gang vornehm und hinten dran ein nicht enden wollender Pfeifenreiniger, der bei Sprüngen als Steuerruder dient und im Schlaf wärmend über die eigene Nase gelegt wird.

Letzteres ist zweckmäßig, denn Schneeleoparden sind Hochgebirgstiere. Sie leben in einigen der entlegensten Regionen Zentralasiens, im Himalaya, am Hindukusch und im Altai-Gebirge, wo sie meist in der Dämmerung Steinböcke und Wildziegen jagen, so heimlich und gut getarnt, dass Beobachtungen in freier Wildbahn nahezu unmöglich sind. „Keine Chance“, sagt selbst Örjan Johansson, obwohl er schon „Schneeleopardenflüsterer“ genannt wurde. Auch er kommt an die Tiere ohne Tricks und Hilfsmittel nicht heran.

Seiner Kenntnis solcher Tricks ist es überhaupt zu verdanken, dass der Schwede zum Experten für die Großkatzen wurde. „Ich habe schon Wölfe, Luchse und Pumas gefangen“, erzählt er. Als die Universität in Uppsala, an der er promovierte, 2008 mit dem US-amerikanischen „Snow Leopard Trust“ ein Projekt startete, bat man ihn um Hilfe. „Der Auftrag: So viel über Schneeleoparden herausfinden wie möglich.“

So baute Johansson in der Wüste Gobi im Süden der Mongolei mit seinem Team ein Basiscamp auf und entwickelte Methoden, die scheuen Katzen zu überlisten. Erst installierte er Kamerafallen, dann legte er Schlingenfallen aus, versehen mit einer Alarmvorrichtung: „Sobald ein Tier in die Falle geht, weckt uns im Camp eine laute Sirene“, erzählt er. „Wir fahren mit unseren Geländemotorrädern sofort los, die Rucksäcke sind immer gepackt.“ Im Schnitt, so Johansson, sei er mit seinen Leuten nach 27 Minuten vor Ort.

Mit einem Pfeil narkotisiert er das gefangene Tier, um es zu vermessen und zu wiegen. Dann nehmen die Forscher Blutproben und legen ihm ein GPS-Halsband um. „Für den Fall, dass dem Leoparden durch das Schlafmittel kalt wird, haben wir immer eine Art Schlafsack dabei“, erzählt Johansson.

© Carsten Raffel© Carsten Raffel

Fortan kann er anhand der gesendeten Koordinaten beobachten, wohin die Tiere laufen. Dreißig Leoparden wurden auf diese Weise bereits verfolgt, und das wichtigste Ergebnis ist: Ihre Territorien sind viel größer als gedacht. „Sie durchstreifen Gebiete von bis zu 250 Quadratkilometern. Nicht mal die Hälfte der Schutzgebiete in Asien ist groß genug für sie.“ Nun aber hat die Regierung der Mongolei in den Tost-Bergen westlich des Ortes Gurvantes ein Schutzgebiet ausgewiesen, das zwei bestehende Gobi-Nationalparks verbindet – ein großer Erfolg.

Auf unserer Karte sind die Daten von drei Tieren abgebildet, die als Zweijährige ihre Mütter verließen. Man kann gut erkennen, dass sie die Berge nur verlassen, um neue Reviere zu suchen.