Wegweiser

Axel Bernatzki

„Die Leute haben dank des Projekts die Angst vor E-Autos verloren.“
© Felix SchmittAxel Bernatzki© Felix Schmitt

Elektrisch von Dorf zu Dorf

Auf dem Land geht ohne Auto nicht viel. So auch im Rhein-Hunsrück-Kreis, wo auf tausend Menschen 710 Autos kommen. „Wir haben hier viele kleine Dörfer und Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern“, sagt Axel Bernatzki. Wer zum Arbeiten in die nächstgrößere Stadt muss, zum Supermarkt, zur Ärztin oder zum Tanzunterricht, nimmt mangels Alternative das Auto. „In vielen Familien stehen zwei oder sogar drei Pkws in der Garage“, sagt Bernatzki. Genau dort will er mit dem Dorf-E-Auto ansetzen. „Es muss ja nicht immer der Verbrennungsmotor und auch nicht immer das eigene Auto sein.“

Die Idee für das regionale Car-Sharing hatte der Arbeitskreis Umwelt im Dorf Neuerkirch. Axel Bernatzki, der für die Energieagentur Rheinland-Pfalz arbeitet, griff die Idee auf und entwickelte sie zusammen mit einem Landrat und dem Klimaschutzmanager des Kreises weiter – mit Erfolg. Der Kreistag nahm den Vorschlag an und stellte 7000 Euro pro Auto und Jahr zur Verfügung. Seit 2019 steht in acht Ortsgemeinden jeweils ein elektrisches Dorfauto, mit Parkplatz und Ladesäule direkt vorm Gemeindehaus. Jeder Bürger und jede Bürgerin kann sich registrieren lassen und bekommt einen Chip, der als Schlüssel funktioniert. Fahrten bucht man per App, das gesamte Angebot ist kostenlos. Einen Teil des Stroms liefern Solarpaneele. Nach einem Jahr wechselt das Dorfauto in eine nächste Gemeinde, damit möglichst viele das Projekt kennenlernen, das auf drei Jahre angelegt ist.

Die acht Autos wurden 2020 insgesamt rund 3600-mal ausgeliehen und legten dabei fast 184.000 Kilometer zurück, jedes im Schnitt 23.000 Kilometer. „Das ist weit mehr als wir erhofft hatten“, sagt Bernatzki. Und deutlich mehr als die 15.000 Kilometer, die deutsche Pkws durchschnittlich im Jahr fahren. Noch wichtiger als die Laufleistung ist das Feedback. „Die Leute haben die Angst vor E-Autos verloren. Sie stellen fest, dass man mit einer Akkuladung seinen Einkauf machen kann und noch weit mehr“, sagt Bernatzki. Dorf-E-Auto-Nutzer fragen Nachbarinnen, ob sie etwas vom Einkauf mitbringen sollen. Nachbarschaften überlegen sich, ihre Autos zu teilen, und die Gemeinde Neuerkirch möchte sich bereits ein eigenes Dorfauto zulegen.

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