Wegweiser

Felix Weisbrich

„Man braucht den politischen Willen und ein Markiergerät.“
Felix Weisbrich

Vom Förster zu Berlins Radwegekönig
Wer dieser Tage in Berlin durch Friedrichshain und Kreuzberg fährt, kann die Spuren der Veränderung sehen: Gelbe Markierungen verwandeln Autofahrstreifen in sogenannte Pop-up-Radwege – zwölf Kilometer davon sind seit April in der Hauptstadt entstanden, bis zu dreißig Kilometer könnten es werden. „Wir zeigen, wie es aussehen kann, wenn die Straßen nicht nur zum Autofahren und zum Parken genutzt werden“, sagt Felix Weisbrich, Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes im Bezirk. „Ein starkes, hoffnungsvolles Bild.“ Er und seine Kollegen haben die Coronakrise genutzt, um in der Hauptstadt die Verkehrswende voranzutreiben.

Und die braucht Berlin dringend: 43 Prozent der Einwohner haben kein eigenes Auto, nun meiden viele aus Angst vor Infektionen den öffentlichen Nahverkehr. Breite Radwege sind für dieses Dilemma eine pragmatische und kostengünstige Lösung, findet Weisbrich: „Die Menschen kommen sicher von A nach B, schützen sich vor Infektionen und tragen zum Klimaschutz bei.“

Die Pläne für viele der Radwege fußen auf dem Berliner Mobilitätsgesetz von 2018, neu ist das Tempo der Umsetzung: Was sonst bis zu zehn Jahre dauert, geschieht jetzt mitunter in zehn Tagen. Statt neue Radwege aufwendig zu planen, zieht Weisbrichs Team einfach temporäre Markierungen. Radfahrer folgen nun nicht mehr nur weißen Linien und Symbolen, sondern auch gelben, die sonst vor allem für Baustellen verwendet werden. „Manchmal fragen wir uns, warum wir nicht früher darauf gekommen sind“, sagt er. Die meisten der neuen Radwege sollen auch nach der Pandemie bleiben.

Zuvor arbeitete Weisbrich 16 Jahre als Förster im mecklenburgischen Wald – und beobachtete die Auswirkungen der Klimakrise: Dürren, Orkane, Starkregen. In seinem neuen Job im Großstadtdschungel widmet der 47-Jährige sich nun einer der Ursachen des Klimawandels: dem Autoverkehr. Mittlerweile folgen weitere Berliner Bezirke seinem Beispiel, Städte aus dem In- und Ausland bitten Felix Weisbrich um seine Expertise. Für ihn ist die Sache ganz einfach: „Man braucht den politischen Willen und ein Markiergerät. Mehr nicht.“ 

Felix Weisbrich