Wegweiser

Gerd Kämmer

„Ein artgerechtes Leben – bis zum letzten Moment.“
Gerd Kämmer

Verantwortung für Natur und Tier
Die Genossenschaft „Bunde Wischen“ ist kein gewöhnlicher Rinderhof – eher ein 1600 Hektar großes Naturschutzprojekt. In der Idylle am Ostseefjord Schlei in Schleswig-Holstein streifen 900 Galloway-Rinder, 100 Schottische Hochlandrinder, 15 Wildpferde und ein Rothirsch namens Sven über die Trockenrasen, über Feucht- und Salzwiesen, inmitten von Kräutern und Büschen bis hinunter zur Küste. Das ganze Jahr, möglichst ohne zusätzliches Futter. Ihr zotteliges Fell und ihr Winterspeck schützen sie vor der Kälte. Die Tiere verhindern, dass die Landschaft verwaldet. So bewahren sie offene Flächen für seltene Pflanzen, Insekten und Vögel, darunter Kiebitze und Knäkenten.

Wer Fleisch isst, sollte sich bewusst machen, woher es stammt, wie die Tiere gelebt haben und wie sie geschlachtet wurden. Selbst Bio-Rinder sterben meist in konventionellen Schlachthäusern. Gerd Kämmer macht es anders. Seinen Rindern hat der Landwirt ein Versprechen gegeben: „Niemals werden sie ein Schlachthaus von innen sehen.“ Das bedeutet: kein langer Transport, keine Trennung von der Herde. Kein Treiben, keine Schläge, keine Fixierung des Kopfes. Denn Kämmer schlachtet selbst vor Ort, 220 Rinder pro Jahr. Diese sogenannte Weideschlachtung ist in Deutschland seit 2011 erlaubt. „Das erfordert anfangs Überwindung“, sagt Kämmer. „Aber ich könnte es nicht ertragen, die Tiere dem Schlachthausstress auszusetzen.“

Etwa achtzig Höfe in Deutschland setzen auf Weideschlachtung. Das ist wenig angesichts der 121.000 Betriebe, die rund zwölf Millionen Rinder halten, von denen jedes Jahr rund 3,4 Millionen auf herkömmliche Art geschlachtet werden. „Doch das Interesse an der Weideschlachtung wächst“, sagt Gerd Kämmer.

Wenn es so weit ist, kommen ein paar Rinder in ein Gehege, so hat das Schlachttier Gesellschaft. Vom Hochsitz aus nimmt Kämmer die Stirn des Rindes ins Visier seines Gewehrs und drückt ab. Die anderen erschrecken kurz, geraten aber nicht in Panik. Der Hofladen verkauft das Fleisch und finanziert sechs Angestellte, die sich nur dem Naturschutz widmen. Kämmer ist sich sicher: „Unsere Rinder leben art- und tiergerecht, bis zum letzten Moment.“

Gerd Kämmer