Wegweiser

Kirstin Wiegmann

„Streuobstwiesen und Naturschutz gehören zusammen.“
Kirstin Wiegmann

Auf dem Höhbeck, einem etwa siebzig Meter hohen Berg an der Elbe, wenige Kilometer westlich von Gorleben, liegt Kirstin Wiegmanns Streuobstparadies: rund hundert Obstbäume auf einer Trockenwiese, eingerahmt von Eichen- und Buchenwald. Das Erbe ihres Großvaters.

„Auf den Plantagen wächst das Obst dicht an dicht. Auf den Streuobstwiesen haben wir noch alte, ehrwürdige Bäume“, sagt die 44-Jährige. Solche Wiesen sind nicht nur schön anzusehen, sie gehören auch zu den artenreichsten Biotopen in Mitteleuropa. Doch in der auf Effizienz getrimmten Landwirtschaft finden sie immer weniger Platz: Weil sie als wirtschaftlich unrentabel gelten, wurden in den letzten siebzig Jahren viele Bestände gerodet. Kirstin Wiegmann wollte die Streuobstwiese ihrer Familie erhalten. Und nicht nur die, sondern auch die Streuobstwiesen der Umgebung. Dafür wurde sie 2007 im Bio-Streuobstverein Elbtal aktiv. Ihr Ansatz dafür war ganz pragmatisch – so, wie es die angehende Verwaltungsbeamtin am liebsten mag: „Ich möchte die Nutzung und den Naturschutz zusammenbringen“, sagt sie. „Es muss sich lohnen, eine Streuobstwiese zu bewirtschaften.“ 

Der wichtigste Schritt dafür ist die Bio-Zertifizierung der 31 Hektar Wiesen. Nur so kann das Obst an die Bio-Kelterei am Ort verkauft werden: die Firma Voelkel, die einer der größten Arbeitgeber der Region ist. Kirstin Wiegmann wälzte Akten mit EU-Verordnungen, beantragte Fördermittel und organisierte die Zertifizierung, damit sich die restlichen hundert Mitglieder des Vereins auf die Pflege ihrer Bäume und Wiesen konzentrieren konnten – und natürlich auf die Ernte. Heute nimmt Voelkel die gesamte Ernte des Vereins an, in einem guten Jahr sind das mehr als 120 Tonnen. So wird das Obst genutzt, die Artenvielfalt erhalten – und die Wiesenbesitzer bekommen Geld oder Direktsaft für ihre Lieferungen.

Ohne die Streuobstwiesen, sagt Kirsten Wiegmann, ginge auch das Wissen über Ernte- und Genussreife der alten Obstsorten verloren. Dagegen anzugehen ist ihr nicht nur ein Herzens-, sondern auch ein Geschmacksanliegen: „Ich will keine Plantagenäpfel essen“, sagt sie, „da fehlt mir schlicht das Aroma.“
bio-streuobstverein-elbtal.de

Kirstin Wiegmann