Wegweiser

Musa Khatri

„Ich wünsche mir ein Afghanistan, in dem jedes Kind die Chance zur Entfaltung hat.“
Musa Khatri

Die Sommermonate seiner Kindheit verbrachte Musa Khatri unter afghanischen Obstbäumen. Regelmäßig besuchte er seinen Onkel in der Provinz Ghazni im Osten des Landes. Heute dorthin zu reisen, ist für Khatri nicht möglich. „Die Sicherheitslage ist sehr schwierig, immer wieder kommt es zu Kämpfen und Anschlägen“, sagt der 54-jährige Architekt. Seit vierzig Jahren herrscht in seinem Heimatland Krieg. Armut und Korruption seien große Hemmnisse für die Entwicklung des Landes.

Doch Khatri hat die Bäume nicht vergessen, ihren Geruch, die süßen Früchte, die heißen Tage, an denen er in ihrem Schatten saß. Er möchte seine Erinnerungen wieder zu Realität werden lassen. 2014 schon hat er deshalb von Weimar aus den Verein „Friedensbäume Afghanistan e.V.“ gegründet. „Wir müssen bei den Kindern anfangen, wenn wir etwas verändern wollen“, sagt er. Mit zehn Euro im Monat unterstützen Förderer Kinder und Jugendliche aus bedürftigen afghanischen Familien, indem sie mit dem Geld Bildungsgutscheine für private Kurse bezahlen. Je nach Begabung kann das Englisch-, Mathe- oder Computerunterricht sein. Jedes ausgewählte afghanische Kind pflanzt einen Baum und kümmert sich langfristig um ihn. Die beiden zwölfjährigen Jungen Hamayoon und Manzullah aus Masar-e Scharif haben zum Beispiel zusammen mit Mitarbeitern des Vereins Bäume in einer Baumschule gekauft und sie anschließend im Schulhof eingepflanzt. Sie bekommen für ihren Dienst Mathestunden. „In Afghanistan entscheidet die Bildung eines Kindes über die Armut oder den Reichtum einer ganzen Familie“, sagt Khatri.

Die gepflanzten Bäume stehen nur auf öffentlichen Plätzen, auf Schulhöfen, an Straßenrändern. „So lernen die Kinder, Verantwortung zu übernehmen für Dinge, an denen sie persönlich nicht viel Nutzen haben“, sagt Khatri. Auch der Umweltschutz werde so gefördert, Kinder lernen die Rolle der Bäume im Ökosystem kennen, da ihnen vor dem Pflanzen der Bäume erzählt wird, wie wichtig sie sind. Mittlerweile konnten in fünf afghanischen Provinzen Bäume gepflanzt und Kinder unterstützt werden.

Khatri selbst war, nachdem er Mitte der Neunzigerjahre in Weimar Architektur studiert hatte, zwischen 2011 und 2014 immer wieder als Entwicklungshelfer in Afghanistan, nur nicht in seinem Heimatdorf. „Ich wünsche mir ein friedliches und stabiles Land, in dem jedes Kind die Chance zur Entwicklung und Entfaltung hat“, sagt er. Die Obstbäume und Landschaften seiner Kindheit würde er gerne wiedersehen.
friedensbaeume.de

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