Wegweiser

Nina Fabert

„Ich sehe die Schönheit der Pilze und das nachhaltige Naturmaterial.“
Nina Fabert

Nina Fabert verwandelt Baumpilze in Mützen und Taschen. Aus Zunderschwämmen, die wie kleine wulstige Dächer an den Stämmen von kranken und geschwächten Laubbäumen wachsen, werden im Atelier der Berliner Designerin modische Basecaps, Taschen und Uhrenarmbänder, die aussehen, als seien sie aus Wildleder oder Samt.

2014 experimentierte Fabert mit natürlichen Materialien aus Wäldern, Parks und Gärten und entdeckte dabei Fomes fomentarius, den Zunderschwamm. Er wird ihr Liebling: „Das Fleisch des Fruchtkörpers heißt Trama, es ist weich wie ein Fell und enorm leicht“, erklärt Fabert. Sie spricht fast zärtlich über den Pilz. Äußerlich ähnelt das Trama Leder, daher wird es auch „Pilzleder“ genannt. Für ihr Label „Zvnder“ schafft Fabert daraus Designerware, die wasserabweisend ist, gut in der Hand liegt und einen Geruch von Wald und Erde verströmt. „Viele sehen die Pilze nur als lästige Schädlinge an. Ich sehe ihre Schönheit und das nachhaltige Naturmaterial“, sagt Fabert. Vier Jahre, nachdem sie das Pilzleder entdeckte, wurden ihre Produkte für den German Design Award nominiert.

Fabert steht mit ihrer Arbeit in einer langen Tradition: In Thüringen war noch im 18. Jahrhundert ein ganzer Wirtschaftszweig mit der Verarbeitung der Baumpilze beschäftigt. Weil sie früher zum Anfeuern verwendet wurden, tragen sie noch heute den Beinamen „Zunder“. Bis heute stellen Zunderschwamm-Meister in Rumänien das Material her, Fabert bezieht ihr Trama von einem Familienbetrieb in Siebenbürgen, der die Pilze noch selbst im Wald sammelt. „Mein Lieferant in Rumänien kann im Jahr nicht mehr als zwanzig Kilogramm Trama liefern – unserem Wachstum sind also natürliche Grenzen gesetzt“, sagt Fabert.

In großen weichen Platten kommt das Material schließlich bei Nina Fabert an, die daraus ihre Pilzleder-Unikate näht. Ihre Produkte verursachen – anders als Lederwaren – kein Tierleid, verbrauchen kein Erdöl und keine Chemikalien. Doch weil Trama weniger stabil ist als Tierhaut, hält Fabert selbst es nicht für eine vollkommen ebenbürtige vegane Alternative. Sie ist dennoch überzeugt: „Wenn wir mit offenen Augen die Natur studieren, finden wir noch unzählige Materialien, die nachhaltig und zukunftsträchtig sind.“ Und, mit etwas Glück, nach Wald riechen.

Nina Fabert