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Tim

Sein irritierendes Verhalten ist Tims größter Trumpf
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Wenn Wanderer Tim bei der Arbeit sehen, wollen sie ihn am liebsten streicheln. Aber Tim ist ja nicht zum Spaß hier, er hat einen verantwortungsvollen Job: Als Herdenschutzlama verteidigt er seine achtzig Schafe gegen umherziehende Wölfe. Dabei hat Tim weder Gift noch Klauen noch Fangzähne, mit denen er sich wehren könnte. Er ist zwar groß – aufgerichtet kann er ausgewachsenen Wanderern geradewegs in die Augen blicken –, doch sein größter Trumpf ist sein irritierendes Verhalten. Lamas sind ungemein neugierig. Das geht so weit, dass Tim, wenn er sich bedroht fühlt, nicht flieht, sondern schnurstracks und mit Höchstgeschwindigkeit auf seinen Angreifer zurennt, um ihn sich genauer anzusehen. Dieses Verhalten ist für hiesige Raubtiere so überraschend, dass sie in aller Regel die Flucht ergreifen.

„Lamas sind brutal wachsam“, sagt Ignaz Schneider, der Tim vor fünf Jahren auf seine Alp ins Schweizer Weisstannental bei Sankt Gallen geholt hat. Da war das Lama gerade ein Jahr alt. An die Schafe habe sich Tim sofort gewöhnt, sie teilen den gleichen Lebensstil. Gegen alles Hundeartige aber haben Lamas eine angeborene Abneigung. Das mussten auch die Hütehunde erfahren, die in den ersten Wochen des Zusammenlebens abends grün vor Lamaspucke waren. Heute vertragen sich aber alle, und Tim ist rund ums Jahr ein vollwertiges Mitglied der Herde.

Gegen einzeln marodierende Wölfe kann sich Tim gut behaupten bei einem ganzen Rudel aber ist er den viel aggressiveren Herdenschutzhunden unterlegen. Doch dafür braucht ein Lama kein besonderes Futter, es weidet einfach zwischen den Schafen mit. Außerdem legt sich Tim nicht mit Mountainbikern, Joggern oder den Hunden von Spaziergängern an. Den einzigen Aufruhr, den er unter den vorbeiwandernden Touristen auslöst, ist der Streit, wer ihn zuerst zu sich locken kann.

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