Wegweiser

Cornelia Wieser

„Die meisten Flüsse in Mitteleuropa sind gezähmt und verbaut.“
Cornelia Wieser

Sie rauschen, gluckern, tosen, sie winden sich eigensinnig durch die Landschaft und suchen mit Macht ihren Weg: wilde Flüsse. Doch sie werden immer weniger. „In Mitteleuropa sind die meisten Wasserläufe heute gezähmt und verbaut“, sagt Cornelia Wieser. „Unsere ganze Kraft stecken wir deshalb in den Erhalt der frei fließenden Flüsse auf dem Balkan.“ Seit sechs Jahren arbeitet die 34-jährige Politologin im kleinen Team der Organisation „Riverwatch“ für dieses Ziel.

Viele Menschen auf dem Balkan haben einen starken Bezug zu den Flüssen ihrer Heimat: Sie beziehen aus ihnen ihr Trinkwasser, fischen darin, bewässern mit ihrem Wasser Felder, benennen sogar ihre Töchter nach ihnen. Vielerorts leisten die Menschen Widerstand gegen Staudämme – Wieser verschafft ihrem Kampf auch in Westeuropa Aufmerksamkeit. Riverwatch lässt Studien zum biologischen Zustand der Flusslandschaften anfertigen, um ihren ökologischen Wert wissenschaftlich zu untermauern. „Wir Europäer wissen mehr über den Amazonas als über die Vjosa. Unser Ziel ist es, die Schönheit der balkanischen Flüsse bekannt zu machen, bevor sie unbemerkt zerstört werden.“

Die Bedrohung ist akut: Rund 3000 Staudämme sollen in den nächsten Jahren in Südosteuropa gebaut werden. In vielen Ländern sehen Politiker und Investoren Wasserkraft als einfachen Weg zur Energiewende. Wieser hält das für einen Irrtum: „Wasserkraft, die das Ökosystem zerstört, die den Anwohnern die Lebensgrundlage nimmt und dazu führt, dass durch die Unterbrechung der natürlichen Sedimentbewegung Flussmündungen erodieren – solche Wasserkraft kann keine grüne Energie sein“, sagt sie. Gemeinsam mit Anwohnern in Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien informiert Wieser über die Risiken der Staudämme und unterstützt die Klagen einheimischer Aktivisten gegen entsprechende Baupläne. In Albanien strengte diese Allianz nun das erste Gerichtsverfahren zu einem Umweltprojekt überhaupt an – und gewann in erster Instanz. 

Cornelia Wieser