Zwei Jahre, nachdem sich die Staats- und Regierungschefs aus 195 Ländern auf das Hoffnung weckende Pariser Abkommen geeinigt haben, waren einige von ihnen wieder in Paris. Auf der Tagesordnung dieses außerplanmäßigen Treffens stand die Finanzierung von Klimaschutzprojekten. Wurden beim Gipfel in Paris wirksame Zusagen gemacht oder war das Treffen ein Marketing-Coup, um den französischen Präsidenten als motivierten Klimaretter darzustellen?

Wir haben bei Jan Kowalzig, Klimaexperte der Nichtregierungsorganisation Oxfam, nachgefragt. Er verfolgt die internationale Klimapolitik seit vielen Jahren und hat sich auf Finanzierungsfragen spezialisiert.

Herr Kowalzig, gestern haben sich über 60 Regierungschefs, Unternehmer und NGOs in Paris getroffen. Wie schätzen Sie das Treffen ein?

Es war keine blutleere Veranstaltung, sondern ein Marketing-Coup mit Substanz. Immerhin haben sich wirklich viele Staats- und Regierungschefs getroffen, um über die Finanzierung von Klimaschutzprojekten zu sprechen. Weitere Akteure wie Unternehmen konnten dazu bewegt werden, neue Ankündigungen für den Klimaschutz zu machen.

Der Versicherungskonzern Axa hat angekündigt, drei Milliarden Euro an Investitionen aus CO2-intensiven Energieunternehmen abzuziehen. BNP, die größte europäische Bank, will bis 2020 15 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investieren. Wie beurteilen Sie diese Ankündigungen und wie wichtig sind solche privaten Investitionen bei der Finanzierung von Klimaschutzprojekten generell?

Dass jetzt auch große Investoren wie Banken und Versicherer sagen, wir ziehen unser Geld aus fossilen Energiequellen ab, weil wir eine aktivere Rolle bei der Begrenzung des Klimawandels spielen wollen – das ist ein gutes Signal. Von denen brauchen wir aber noch viel mehr. Wollen wir das Klima schützen, müssen alle an einem Strang ziehen – Regierungen und Unternehmen. Denn zwar setzen Politiker den Rahmen; am Ende aber wird die Weltwirtschaft weitgehend von privaten Unternehmen betrieben. Ohne die funktioniert der Klimaschutz nicht. Auch für das Pariser Abkommen brauchen wir ihr Engagement.

Bisher reichen die Zusagen der Regierungen nicht im Entferntesten, um die Ziele das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Abkommens einzuhalten. Sieht es nach diesem Treffen anders aus?

Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, gibt es zwei Stoßrichtungen. Erstens müssten weltweit Billionen von Dollar an Investitionen weg von den fossilen hin zu den erneuerbaren Energiequellen umgeschichtet werden. Es ist angenehm zu sehen, dass dort erste Schritte gemacht werden, aber ausreichend sind die noch nicht. Zudem subventionieren Staaten immer noch in großem Maße die fossilen Energien.

Zweitens müssten die ärmsten und existentiell vom Klimawandel bedrohten Länder noch stärker von den reicheren Industrieländern unterstützt werden. Das haben die reichen Länder auf dem Gipfel 2015 zwar anerkannt, aber gleichzeitig haben sie sich größtenteils vor konkreten Hilfszusagen gedrückt. 

Angela Merkel ist nicht selbst nach Paris gereist sondern hat ihre Umweltministerin Barbara Hendricks zum Gipfel geschickt. Wie beurteilen sie das aktuelle Engagement Deutschlands zum Klimaschutz?

Deutschland ist mit leeren Händen angereist. Zwar gab es zusammen mit anderen Ländern eine Initiative, um eine wirksamere Bepreisung von CO2-Emissionen einzuführen. Ich hätte jedoch mehr von der Bundesregierung erwartet. Zusätzlich gehen in Deutschland seit einigen Jahren die Investitionen in die erneuerbaren Energien zurück. Der ehemalige Vorreiter in Sachen Klimaschutz gibt somit international als auch zu Hause ein zunehmend schlechtes Bild ab.

Sind die Staaten auf einem guten Weg, die Details des Pariser Klimaabkommens bei der nächsten COP im polnischen Kattowitz nächstes Jahr zu erfüllen?  

Der Schwung und die Motivation, die durch das Treffen in Paris entstanden sind, sind positiv. Auch die Einigkeit, die die Staats- und Regierungschefs demonstriert haben, ist bemerkenswert. Aber spätestens in Kattowitz werden die Staaten sehen, dass ihre bisherigen Zusagen und Investitionen nicht ausreichen, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und so den Klimawandel auf ein noch beherrschbares Maß zu begrenzen. Ich hoffe, dass die Regierungen mehr Engagement zeigen. Denn das ist bitter nötig.