Liebe Leserinnen und Leser,

zum Jahresende ein Ratatouille aus Krieg, Terror, Klimakrise, Ampelstreit, Rechtspopulismus? Und zum Schluss sitzen alle mit Bauchgrimmen unter der Tanne zu den Klängen von „Komm, wir geben auf“ (ein Song des Kabarettisten Tobias Mann, hier zu sehen und zu hören ab ca. Minute 7)?

Nichts da. Hier kommen als Stimmungsaufheller ein paar Unverdrossene aus Mali. Da war doch was? Genau: Im Sommer 2022 schrieb ich schon einmal über ein sehr spezielles Projekt in Timbuktu. Es ging um Postkarten, Kalligrafien und ein paar andere Dinge, die man beim wohl einzigen Online-Shop im Sahel bestellen und sich auf höchst abenteuerlichem Wege schicken lassen kann.

Wenn irgendwo in der Welt ein Artikel über das Projekt erschienen ist, geht in der Regel ein Schwall von Bestellungen ein – und im Postamt in Timbuktu werden mal wieder die Briefmarken knapp. Oder es sind schlicht keine mehr da. Nicht selten fallen die Flüge zwischen Timbuktu und Bamako aus. Oder es sind wegen eines Embargos der ECOWAS gleich alle Grenzen geschlossen.

Dieses Frühjahr hat der Urheber der Idee, der US-Amerikaner Phil Paoletta, dem Land und seinem Hostel in Bamako mit dem schönen Namen „The Sleeping Camel“ (Das schlafende Kamel) schweren Herzens den Rücken gekehrt und ist mit seiner Familie nach Senegal gezogen. Aber er, sein Freund Ali Nialy in Timbuktu und alle anderen an dem Projekt Beteiligten machen trotz der erschwerten Bedingungen weiter.

Nach dem bislang letzten Putsch 2021 hat sich die Situation vor allem für die Bevölkerung weiter verschlechtert. Es gibt kaum Jobs, Touristen bleiben weg, alles wird teurer. Nicht nur die in Mali verhassten französischen Truppen sind seit August 2022 weg. Diesen Sommer forderte die Junta auch alle anderen an der UN-Mission MINUSMA Beteiligten auf, das Land zu verlassen, darunter auch Einsatzkräfte der Bundeswehr.

Einfach war es für die Leute in Timbuktu und Bamako ja ohnehin nie, aber hinschmeißen? Kommt nicht infrage, denn: „Einem Dutzend Familien wird eine Rettungsleine zugeworfen, und Tausende von Dollars fließen in die Wirtschaft Timbuktus. Einiges davon wird gespart, ein Großteil aber für den täglichen Bedarf ausgegeben. Die Frauen, die takula (Fladenbrot), Gemüse und Fisch aus dem Niger-Fluss verkaufen, die Läden mit Milchpulver, Tee und Seife, die Stoffhändler, sie alle verdienen daran“, schreibt Phil Paoletta in seinem Newsletter.

Und siehe da, der Durchhaltewillen zahlt sich aus, meldet er im Dezember. Jetzt läuft die Sache mit den Postkarten nämlich über die senegalesische Hauptstadt Dakar. Sie werden

- handgeschrieben, abgestempelt und frankiert in Timbuktu;
- per Luftfracht nach Bamako befördert (wenn es endgültig keine UN-Flüge mehr gibt, will die Fluggesellschaft Sky Mali die Strecke wieder bedienen – bitte Daumen drücken);
- in Bamako mit dem Motorrad zu einer Busstation gebracht;
- 1170 Kilometer mit dem Bus nach Mbour im Westen des Senegal expediert;
- per Taxi bei Phil Paoletta in Somone südlich von Dakar abgeliefert;
- der nimmt sodann den Zug nach Dakar und geht dort vom Bahnhof aus zu Fuß zum Postamt, nach seinem Bekunden eines der weltbesten: Er habe in weniger als zehn Tagen Rückmeldungen von Leuten bekommen, bei denen Karten eingetroffen waren – absoluter Rekord.

Wer mit dem Gedanken spielt, eine Bestellung aufzugeben, kann also nicht nur in näherer Zukunft mit weitgereister Post rechnen, sondern tut auch noch etwas Gutes, egal zu welcher Jahreszeit.

Bevor das Jahr 2023 nun aber zu Ende geht, schauen Sie doch noch mal in unsere Multimedia-Reportage zum Thema Boden. Teil 3 – Grüne Revolution 2.0 – ist ab morgen online.

Ich wünsche uns allen geruhsame Feiertage und einen guten Start ins Jahr 2024!

Wenn Sie mögen, leiten Sie diese Wochenauslese gern weiter. Abonnieren können Sie sie übrigens hier. Und wenn Sie auch unsere Presseschau zu Umwelt- und Klimathemen lesen möchten, können Sie sich hier dafür anmelden – dann halten wir Sie montags bis freitags auf dem Laufenden. Wir freuen uns, wenn Sie dabei sind!

Unterschrift

Kerstin Eitner
Redakteurin