Wir haben prominente Menschen gefragt, was die Klimakrise und das Artensterben in ihnen auslösen. Wir wollten wissen, was ihnen Angst macht, was ihnen Hoffnung schenkt und welche Bedeutung die Natur für sie hat. Im Greenpeace Magazin 1.24 widmen wir uns den Emotionen, welche die Krise der Natur in vielen von uns hervorruft. Hier geht es zu weiteren Prominenten, die von ihren Umweltgefühlen erzählen.

© Fabian Hensel © Fabian Hensel

Malaika Mihambo, 29, Weitsprung-Weltmeisterin 2019 und 2022, Olympiasiegerin 2021,
studierte Umweltwissenschaften und ermöglicht mit ihrer Herzsprung-Stiftung Kindern sportliche Teilhabe und Umweltbildung

„Jeder, der sich leidenschaftlich für Umwelt- und Klimaschutz einsetzt, stößt oft an seine Grenzen und muss Niederlagen einstecken. Wie beim Sport muss man für seine Ziele viel tun, und das jeden Tag. Der Sport lehrte mich, mit Rückschlägen umzugehen – etwa in diesem Jahr, als ich wegen einer Verletzung nicht an der Leichtathletik-WM teilnehmen konnte. Gerade dann ist es wichtig, dranzubleiben, nie zu resignieren und beim nächsten Wettkampf wieder alles zu geben. Das macht einen zum Stehaufmännchen, zu einem Marathonläufer, der stoisch und verbissen bis zum Ziel gelangt, egal, wie weit es entfernt ist.

An manchen Tagen aber spüre ich Ohnmacht, als hätte es keinen Sinn, auch nur einen Schritt zu tun. Ich wurde als Kind umweltbewusst erzogen und wusste schon früh, was der Klimawandel bedeutet. Ich dachte mir immer: Da muss doch jetzt mal etwas passieren! Und passiert ist dann so gut wie nichts. Als ich 2010 als Schülerin in der Menschenrechts-AG war, haben wir einen Thementag zu den UN-Millenniumszielen veranstaltet – und es hat mich fassungslos gemacht, wie die Menschheit da versagt. Diese Wut trage ich bis heute in mir. Und ich bin dankbar dafür. Weil ich weiß, dass wir die Krise ignorieren, wenn sie nichts in uns auslöst.

Mit meinem Verein „Herzsprung“ möchte ich Kinder nicht nur beim Sport unterstützen, sondern erreichen, dass sie mehr über Umweltthemen und über sich selbst lernen. Weil ich glaube, dass wir für eine gesunde Gesellschaft reflektierte Menschen brauchen. Klimaschutz geht für mich nicht ohne eine soziale, gerechte Welt.

Durch mein Studium der Umweltwissenschaften weiß ich, was die Natur in uns auslöst. Schon ein Landschaftsbild im Büro kann etwas Erholung bringen. Vor Kurzem bin ich näher an die Natur gezogen, ich möchte schnell ins Grüne können. Das Lichtspiel zwischen den Blättern, die Tiere, die Ruhe, die Waldgeräusche – ich liebe das. Ich fürchte, dass viele Menschen sich zu sehr von der Natur abgrenzen und sich nicht als ein Teil von ihr begreifen. Darum läuft auch so viel beim Umweltschutz schief. Wer die Natur zu lieben lernt, kann nur den Herzenswunsch haben, sie auch zu schützen. Leidet die Natur, leiden auch wir.“

© Dominik Butzmann© Dominik Butzmann

Eckart von Hirschhausen, 56, Arzt und Wissenschaftsjournalist, 
gründete die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen

„Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, solange andere sie hauptberuflich zerstören. Als Arzt weiß ich: Gesundheit beginnt nicht mit einer Tablette, Operation oder einem MRT. Gesundheit beginnt mit fünf Lebensgrundlagen. Alle Menschen brauchen saubere Luft zum Atmen, Wasser zum Trinken, leckere Pflanzen zum Essen, erträgliche Temperaturen und ein friedliches Miteinander. Jeden Tag sehen wir in den Nachrichten, dass alle diese Lebensgrundlagen akut in Gefahr sind. Wir müssen nicht „das Klima retten“ – sondern uns.

Die Klimakrise ist nicht lustig, das hat ja auch dieser Sommer mehr als deutlich gezeigt. Aber Lösungen kommen nicht mit schlechtem Gewissen sondern mit guter Kommunikation. Mein Ansatz mit meiner Stiftung Gesunde Erde - Gesunde Menschen ist es ja gerade, auch mit anschaulichen Bildern, mit überraschenden Fakten zum Weitererzählen und mit Humor und Filmen viele Menschen zu erreichen und auch zu bewegen. Das Wichtigste, das ein Einzelner tun kann, ist nicht alleine zu bleiben.“

© Malene Charlotte Limburg © Malene Charlotte Limburg

Aimée van Baalen, 23, Aktivistin und Sprecherin der Letzten Generation

„Inmitten von Wäldern, Felsen oder am Meer wird einem bewusst, wie abhängig wir von unserer Umgebung sind. Deshalb empfinde ich immer eine gewisse Demut vor der Kraft und Schönheit der Natur und bin gleichermaßen fasziniert. Mein Wunsch ist, dass wir diese Demut auch in unserem Alltag häufiger spüren  und sie zum Anlass nehmen, respektvoll mit unseren Lebensgrundlagen und unserem Gegenüber umzugehen. Die Klimakatastrophe verursacht, dass ich jeden Morgen aufwache und mir die Frage stelle, ob ich bereits genügend investiere und was die nächsten Schritte sind, um eine politische Veränderung zu bewirken. Sie hat meine Lebenspläne umgeworfen, denn ein Studium oder einen Job anzufangen erscheint wenig sinnvoll, wenn wir durch das Weiter-So riskieren dass unsere Zivilisation zusammenbricht. Und manchmal liege ich nachts wach und denke daran, dass ich eigentlich gern Kinder gehabt hätte und wie wohl die Zukunft der Menschen, die ich liebe, aussehen wird.

Ich habe Angst davor, dass die Politiker*innen sich weiterhin nicht für eine sozial gerechte klimapolitische Wende einsetzen. Dass nicht ehrlich kommuniziert wird und Menschen deshalb das Ausmaß der Katastrophe und unsere Möglichkeiten, da herauskommen, nicht verstehen und die Panik vor Veränderung siegt. Dass die schwindenden Ressourcen, die immer größer werdenden, lebensfeindlichen Gebiete und die Naturkatastrophen zu Gewalt in der Bevölkerung und zum Krieg führen können.

Mich macht wütend, dass wir Tonnen an Lebensmitteln wegwerfen, während Menschen verhungern. Dass Wohnungen leer stehen, während Menschen auf der Straße leben müssen. Dass die westlichen Länder, die Menschen im Globalen Süden ausbeuten und ihnen eine zerstörte Natur hinterlassen. Dass einige, die sehr viele Ressourcen und Geld besitzen, ihre Emissionen weiter steigern und ihre Macht nutzen, um dem Fortschritt im Weg zu stehen. Dass Olaf Scholz' eigener Expertenrat klargemacht hat, das wir bis spätestens 2030 aus den Fossilen aussteigen müssen, um Menschenleben zu retten und er weiterhin an einer Zahl 15 Jahre später festhält.

Hoffnung geben mir vor allem Taten Hoffnung – selbst aktiv zu sein und andere Menschen zu inspirieren. Vorbilder zu haben und zu sehen, wie andere Gruppen mit uns gemeinsam für ein besseres Morgen einstehen. Ehrliche und einfühlsame Diskussionen, die sich nicht im Klein-Klein verheddern. Und Menschen, die mit mir zusammen in den Protest gehen. Meine Familie und Freunde geben mir Halt, neuen Mut und erinnern mich daran, warum wir nicht aufgeben können.“

Protokolle: Lilly Denninger und Thomas Merten

Weitere Stimmen zum Thema finden Sie in der Übersicht. Diese Umfrage stammt aus unserer aktuellen Ausgabe „Wie geht es uns?“ In diesem Heft widmen wir uns angesichts der multiplen ökologischen Krisen dem Thema Gefühle. Das Greenpeace Magazin erhalten Sie in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel. Alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone. Wir wünschen viel Inspiration beim Schmökern, Schauen und Teilen!

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