Man stelle sich ein Museum in ferner Zukunft vor. Die Ausstellung „Freizeitgestaltung im frühen 21. Jahrhundert“ ist ein Besuchermagnet – für Draußenaktivitäten ist es mal wieder viel zu heiß in diesem Sommer. Vor der Vitrine zur Grillkultur hat sich eine Menschentraube gebildet, man hört Geraune, einige schütteln fassungslos den Kopf. Zwischen Plastikbesteck, Frischhaltefolie, Papptellern, nachgebildeten Bratwürsten und Nackensteaks rotiert auf einer Drehscheibe ein silbrig glänzender Gegenstand, das Etikett erklärt: „Paraffingetränkte Holzkohle in Aluminiumschale mit Eisenrost.“ Sollten dereinst Archäologen – sofern es sie dann noch geben wird – die Überbleibsel unserer Zivilisation ausbuddeln und auf solch ein Bratwurstbratgerät stoßen, dürften sie sich ganz schön wundern.

Historikerinnen werden später anhand solcher Funde einordnen können, wie es um unsere Gesellschaft zu Beginn der Klimakatastrophe bestellt war. Denn in der Liga der klimadekadenten, ressourcenverschwenderischen Produkte spielt der Einweggrill weit oben. Da fördern die Menschen etwa in australischen, chinesischen oder brasilianischen Tagebauen Bauxiterz, gewinnen daraus unter größtem Aufwand und mit oft fatalen Folgen für die Umwelt Aluminiumoxid, verschiffen dieses um die halbe Welt, schmelzen es energieintensiv ein, um daraus kostbares Aluminium zu gewinnen – und machen daraus dann Dinge, die schon vom Grundgedanken her Fehlkonstruktionen sind: Wegwerfprodukte. „Darauf haben die Leute damals ernsthaft ihr Essen erhitzt?“, fragen sich die Menschen im Museum.

Auch kulinarisch eine Niete

Ja, haben sie. Wobei man beim Grillergebnis wohl eher von „verbrannt“ sprechen muss. Eigentlich ist es offensichtlich: Der Rost hängt viel zu dicht über der Glut, das Aroma des Grillanzünders, einem Produkt der Erdölindustrie, zieht direkt in die Wurst, die so mit krebserregenden Stoffen in Kontakt kommt. Und während sie von außen verkohlt, bleibt sie innen noch roh. Aber das nur nebenbei.

Das größere Problem ist, dass die ausgebrannten Einweggrills, die nach nur wenigen Stunden in der Natur, auf angekokelten Wiesen in Parks und auf Festivals liegen bleiben, uns sehr lange überdauern können. Bequem an der Tanke, im Supermarkt oder im Baumarkt für drei bis fünf Euro gekauft, sind sie hinterher vor allem komplizierter Abfall, der eigentlich, von Rost, Kohle und Fett getrennt, in den Gelben Sack gehört. Aluminium lässt sich im Grunde gut recyceln, wenn auch unter hohem Energieeinsatz. Im besten Fall wandert die Aluschale jedoch in die öffentlichen Mülltonnen und wird mit dem Restmüll einfach verbrannt. Immerhin, könnte man meinen, prangt ein FSC-Siegel für die Kohle dick auf der in Plastikfolie eingeschweißten Verpackung. Allerdings sagt dies mitunter wenig aus: Kürzlich fand das Magazin Öko-Test selbst in so zertifizierter Kohle noch Rückstände von Tropenholz. Und wer für rund zwölf Euro zum biologisch abbaubaren Öko-Einweggrill aus Bambus und Lavastein greift, löst das Problem nur scheinbar – denn auch der muss schließlich erst einmal hergestellt werden, nur um als Instant-Müll zu enden.

Verbrannte Erde

Einige Kommunen wie Hamburg, Bremen, Kassel, Leipzig, Heidelberg, Berlin und Köln haben schon Konsequenzen gezogen und den Einweggrill in ihren Parks verboten. Allein in Köln sammeln die Abfallwirtschaftsbetriebe im Jahr gut hundert Tonnen Müll von den öffentlichen Grünflächen, zusätzlich muss die Verwaltung die stellenweise verbrannte Grasnarbe kostspielig ausbessern lassen. Darum hat die Rheinmetropole längst entschieden, die Verwendung von Einweggrills mit 35 Euro Strafe zu ahnden. 35 Euro, dafür bekommt man nicht nur fast drei Bambusgrills, sondern locker schon einen mehrfach verwendbaren, transportfähigen Grill. Vielleicht wäre der ja eine Alternative – damit unsere Nachfahren uns nicht für komplett meschugge halten.

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