„Ein reines Wasser muss durch einen tiefen Stein“ – so warb noch im Jahr 2000 die Firma Selters in Fernsehspots mit kerniger Männerstimme für ihr Mineralwasser aus „Deutschlands legendärer Quelle“ im Taunus. Zuckende Blitze, Regen aus dunklen Wolken, in Nebel gehüllte Wasserfälle, massives Gestein, durch das klares Wasser sickert, dann ein Krachen, der Fels bricht auf und gibt seinen Schatz preis: Eine Selters-Flasche klemmt im Spalt, als wäre sie dort seit Jahrmillionen eingeschlossen.

23 Jahre später scheint das archaische Werbekonzept ans andere Ende der Welt gereist zu sein. In einem kurzen Clip ertönt raues Timbre zu einer Kamerafahrt durch die Pappmaschee-Kulisse eines klinisch-künstlichen Dschungels: „Seit Jahrtausenden macht dieses Regenwasser die gleiche außergewöhnliche Reise“ – und zwar von tropischen Wolken durch das Lavagestein uralter Vulkane, von Menschen unberührt bis zum ersten Schluck. Den Rest der beschwerlichen Reise spart der Spot, unterlegt mit einem Soundtrack von Hollywood-Komponist Hans Zimmer, aber lieber aus. Denn die ist deutlich unromantischer: Hinter dem Fiji-Wasser steht keine kleine Firma vom klimakrisengeplagten Inselstaat, sondern das US-Unternehmen Fiji Water LLC, gemeldet in Colorado. Das füllt das Wasser aus den Tiefen von Viti Levu, Fidschis größter Insel, in Plastikflaschen und transportiert es um den Globus. Ein Teil davon landet auch hierzulande in Supermarktregalen, beim Rewe etwa kostet der Liter 3,49 Euro.

Die meisten Flaschen aber gehen in die USA. Dort will Fiji Water als das Nobelwasser der Reichen und Schönen gelten: Hostessen („Fiji Water Girls“) reichen es am Roten Teppich von Events wie den Golden Globes und mogeln sich damit auf möglichst viele Promi-Fotos. 2019 trieb die Firma es auf die Spitze: Weil eine Hostess auf fast jedem Foto zu sehen war, widmete das Time Magazine dieser offensiven Produktplatzierung eine eigene Geschichte. Angesichts der Fotos könne man meinen, schreibt die Autorin, der größte Star sei weder nominiert noch spiele er in Film und Fernsehen eine Rolle – er halte einfach nur ein Tablett mit Fiji-Flaschen ins Bild. Auch Berühmtheiten wie Kate Moss, Alan Cumming, Lea Michele, Mandy Moore, Brad Pitt und, wenn auch unbeholfen mit beiden Händen, Donald Trump nippten schon öffentlich am Inselwasser. Gut für die Marke: Wer Fiji kauft, fühlt sich als Teil einer elitären Gruppe. 43 Millionen Dollar Umsatz machte das Unternehmen 2022, so viel wie noch nie. Derweil hat es sich in Fidschi seit Jahren dagegen gewehrt, angemessene Abgaben auf das entnommene Wasser zu zahlen, damit auch das Land selbst etwas von dem Geschäft hat – in dem zwölf Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.

Und während die Fidschi-Inseln aufgrund der Klimakrise immer öfter von Extremwetter und Überflutungen betroffen sind, treibt die Fiji Water LLC die Erderhitzung voran. Zwischen der Inselgruppe und Kalifornien liegen 9000 Kilometer – das prätentiöse Wasser muss also auf große Reise, um im Werbejargon zu bleiben. Doch Quellwasser in Flaschen zu füllen ist umstritten und schadet dem Klima. Das in Deutschland in Flaschen abgefüllte und per Lkw transportierte Mineralwasser heimischer Marken zum Beispiel verursacht rund 600-mal so viel CO2 wie das qualitativ nicht minderwertigere Leitungswasser. Der zusätzliche Transport über den Ozean und der weltweite Verkauf von Fiji Water dürften noch einmal mehr Emissionen bedeuten. Und was die Plastikflaschen angeht: Die sollen zwar zu 100 Prozent aus recyceltem Plastik bestehen – doch Fiji-Flaschen können natürlich weiterhin im Meer landen. Das Ergebnis lässt sich an den Stränden der Fidschi-Inseln selbst besichtigen oder mitten im Pazifik, wo sich im größten Müllstrudel der Welt neben Fischernetzen auch Haushaltsabfälle aller Art sammeln.

Dabei muss ein reines Wasser nicht in Plastikflaschen um die Welt geschippert werden. Es muss nicht einmal unbedingt durch einen tiefen Stein. Es sollte am Ende nur aus einem Hahn in der Nähe kommen – denn egal, ob Fidschi, Kalifornien oder Taunus: H2O bleibt H2O.

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