„Hey zusammen, hier ist Lars“, sagt der sympathische Hausbesitzer im Werbespot von „Zukunftsheizen“. Erst vor kurzem sei er mit seiner Frau umgezogen, erzählt der „Macher von nebenan“. Alles habe gestimmt, „helle Räume, gute Aufteilung“, nur die Ölheizung im Keller sei ihnen anfangs etwas „Old School“ erschienen und aus Umweltsicht fragwürdig. „Kurz gesagt: Wir waren nicht so begeistert“. Aber dann habe er recherchiert, erzählt Lars – und hey: Er fand heraus, dass Ölheizungen doch nicht so von gestern sind! Jedenfalls suggeriert das eine Werbekampagne, mit der der „Wirtschaftsverband Fuels und Energie e.V.“, darunter Esso, BP, Shell und Rosneft („Mitgliedschaft ruht“), für Ölheizungen wirbt.

Das Problem: Beim Verbrennen von herkömmlichem Heizöl wird viel CO2 freigesetzt, mehr noch als durch Gasheizungen. So betriebene Heizungen sollen nach Plänen der Bundesregierung zum Erreichen der nationalen Klimaziele möglichst schnell ausrangiert werden: Schon bis 2030 müssen die Emissionen im Gebäudesektor um 44 Prozent sinken, 2045 soll dann mit dem Verbrennen von Erdöl und Erdgas komplett Schluss sein, dazu ist Deutschland gesetzlich verpflichtet. Deshalb dürfen schon ab 2024 neue Ölheizungen nur noch unter strengen Auflagen eingebaut werden, etwa als sogenannte Hybridheizungen in Kombination mit erneuerbaren Energien, die mindestens 65 Prozent der Wärme liefern. Außerdem müssen neue Kessel mit sogenannter Brennwerttechnik effizienter laufen als alte. Stolz berichten deshalb in der Heizölkampagne Michael und Sabine, zwei weitere „Macher von nebenan“, von ihrer Hybrid- und ihrer Brennwertheizung.

Aber Lars hat noch ein Ass im Ärmel: „Jetzt kommt der Clou“, sagt er in dem Spot und zückt eine Flasche mit einer Flüssigkeit, so transparent wie Quellwasser. „Forscher entwickeln gerade Brennstoffe, die ein klimaschonendes Heizen ermöglichen.“ Dieses „grüne Heizöl“ werde bereits hergestellt, „an vielen Stellen. In vielen verschiedenen Verfahren“, wie Lars auf der Website an anderer Stelle erklärt, „aber leider noch nicht im großen Stil“. Dann fügt er hinzu: „Aber trotzdem: Es gibt diese Future Fuels schon.“ Er nehme an einer Testreihe teil, erklärt Lars, und habe seinem fossilen Heizöl etwas „Future Fuel“ beigemischt.

Das Dumme ist nur (und das sollten alle, die in neue Heizungsanlagen investieren, wissen): Die Zukunft der sogenannten Zukunftsbrennstoffe – offenbar sind damit vornehmlich sogenannte E-Fuels gemeint –, steht völlig in den Sternen. Zwar ist es richtig, dass man aus Wind- oder Solarstrom über mehrere Zwischenschritte flüssige und theoretisch klimaneutrale Treibstoffe herstellen kann. Dabei wird zuerst per Elektrolyse etwa aus Wind- oder Solarstrom Wasserstoff gewonnen, im letzten Schritt wird CO2 aus Industrieprozessen hinzugefügt und es entstehen synthetische Kohlenwasserstoffe. Mit ihnen lassen sich etwa Verbrennungsmotoren in Autos betanken – oder eben Heizkessel befeuern.

Es ist allerdings so, dass jeder einzelne Umwandlungsschritt viel Energie kostet. Lars’ Clou hat einen Haken: Das Heizen mit Future Fuels ist extrem ineffizient. Wie der Energieexperte Volker Quaschning erklärt, braucht man zum Beispiel zum Betanken eines Autos mit E-Fuels fünfmal mehr Strom als für ein Batterieauto. Das Energie-Institut Vorarlberg hat zusammengefasst, warum man sich „den Zahn besser gleich ziehen sollte“, Ölheizungen mit E-Fuels zu betreiben: „Man schätzt, dass E-Fuels bis 2050 zu für alle vertretbaren Preisen produziert werden können. Das ist für Ihre Ölheizung zu spät.“

Aus diesem Grund warnt auch die Bundesregierung davor, zu stark auf die scheinbar so plausible Alternative zu setzen: „Strombasierte Brennstoffe sind knappe Ressourcen. Sie werden aufgrund einer hohen Nachfrage in anderen Sektoren voraussichtlich auch mittel- und langfristig teuer bleiben.“ Es gibt nämlich Bereiche, in denen es ohne synthetische Kraftstoffe – anders als beim Heizen – in Zukunft kaum funktionieren wird, Langstreckenflüge etwa und die Hochseeschifffahrt. Ob mit Strom aus Offshore-Windparks in fernen Ländern oder aus Solarparks in Süddeutschland erzeugt: Für Heizkessel sind die kostbaren synthetischen Brennstoffe viel zu schade.

Tatsächlich wird es noch dauern, bis Ölheizungen Geschichte sind – es gibt Studien, wonach es auch 2045 noch ein bis zwei Millionen Ölheizungen im Land geben wird. Im schönen Haus von Lars und seiner Frau sollte es aber viel schneller gehen. Er erklärt nämlich selbst, es sei „gut gedämmt“ – und gerade für gut isolierte Häuser empfehlen Energiefachleute den Einbau elektrischer Wärmepumpen. Hey Lars: Das wäre doch mal ein Projekt für die „Macher von nebenan“ – statt mit schwurbeligen Wortschöpfungen wie „Future Fuels“ für eine Heiztechnik von gestern zu werben.

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