Liebe Leserinnen und Leser,

die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, FDP und Grünen haben begonnen – und die deutsche Klimaschutzbewegung ist ob des im Vorfeld erstellten Sondierungspapiers „not amused“, wie taz.de zusammenfasst: Ein Energiegeld für Arme kommt nicht, Tempo 30 soll nicht weiter gefördert werden, Dienstwagenprivilegien bleiben bestehen. Das Ende des Verbrenners kommt erst 2035. Der Kohleausstieg gelingt „idealerweise“ 2030. Alle Parteien schließen zudem ein generelles Tempolimit für Autobahnen aus.

So findet der heutige Klimastreik vor allem mit der Intention statt, Druck auf die potenziellen Koalitionspartner auszuüben. In einem Forderungspapier von Fridays for Future kritisiert Aktivistin Luisa Neubauer die Absichten der zukünftigen Koalitionäre zur Klimapolitik: „Ein Weiter-so in öko-liberal wird scheitern, wir müssen nun handeln.“ Regierungsarbeit nur zu „begrünen“ reiche nicht aus.

Wir starten durch in die Presseschau zum Freitag und wünschen – trotz aller Unwägbarkeiten – ein angenehmes Wochenende. Bis Montag!

Neuer Lancet-Countdown verheißt nichts Gutes

Radiobeitrag, 5 Minuten Laufzeit

Die Coronakrise hätte den Anstoß geben können, die Welt auf einen klimafreundlicheren Kurs zu bringen – und damit auch auf einen gesünderen. Hat sie aber nicht, wie Daten aus dem neuen Lancet-Countdown demonstrieren. Erstautorin des Berichtes ist Marina Romanello aus dem Institut für Globale Gesundheit am University College in London: „Nur 18 Prozent aller bisher eingesetzten Gelder für die Wiederbelebung der Wirtschaft bringen einen Rückgang von Treibhausgas-Emissionen“, so Romanello. „Von den über 80 Ländern, die wir analysiert haben, subventionieren drei Viertel noch immer die Verbrennung fossiler Energieträger, von denen wir wissen, dass sie umwelt- und gesundheitsschädlich sind. Vor allem in Entwicklungsländern sind die Beträge dafür häufig genauso hoch wie das gesamte Budget im Gesundheitswesen.“ Der Deutschlandfunk berichtet

Staaten sollen versucht haben, IPCC-Klimaberichte abzuschwächen

Bericht, 3 Minuten Lesezeit

Bis zum Start der Klimakonferenz COP26 in Glasgow sind es nur noch wenige Tage. Kurz vor dem Beginn am 1. November berichtet die BBC über ein Datenleck, das zeige, wie mehrere Staaten die UNO aufforderten, die Notwendigkeit einer schnellen Abkehr von fossilen Brennstoffen herunterzuspielen. Demnach zählen Saudi-Arabien, Japan und Australien zu diesen Ländern. Wohlhabende Industriestaaten sollen zudem infrage gestellt haben, ob finanzielle Zuwendungen an ärmere Staaten, die den Umstieg auf klimaschonende Technologien ermöglichen sollen, in den bisher genannten Umfängen wirklich nötig sind, heißt es in dem Bericht. Spiegel Online hat mehr zum Thema

Vulkangestein soll Klimaziele retten

Hintergrund, 8 Minuten Lesezeit

Basalt ist das Material der Weltuntergänge. Kilometerdicke Schichten dieses Gesteins in Sibirien zeugen vom Untergang fast allen Lebens vor 251 Millionen Jahren, und dicke Basaltlagen in Nordamerika markieren ein Massenaussterben vor 200 Millionen Jahren. Selbst das Zeitalter der Dinosaurier, als dessen Schlusspunkt man gemeinhin einen Asteroideneinschlag betrachtet, endete verdächtig gleichzeitig mit dem Entstehen der Dekkan-Basaltplateaus in Indien. Die nächste Apokalypse aber soll das schwarze, schwere Gestein nun verhindern helfen. Fein zermahlen kann es überschüssiges Treibhausgas aus der Atmosphäre ziehen, wie das Spektrum Magazin erklärt. Diese als „negative Emissionen“ bezeichnete Komponente des Klimaschutzes ist nach Ansicht vieler Fachleute, darunter auch des Weltklimarats, die einzige Chance, die Klimaziele von Paris noch zu erreichen

Artensterben auf Inseln besonders dramatisch

Meldung, 2 Minuten Lesezeit

Auf Inseln ist die Artenvielfalt besonders stark bedroht. Darauf weist der Biogeograph Severin Irl hin. Der Professor der Goethe-Universität gehört zum Leitungsgremium der Society of Island Biology, die 2020 gegründet wurde. In einem Beitrag für die Zeitschrift „Global Ecology and Conservation“ schreiben Irl und seine Kollegen, dass 50 Prozent aller vom Aussterben bedrohten Spezies auf Inseln lebten und drei Viertel aller bekannten ausgestorbenen Arten dort beheimatet gewesen seien. Durch die Isolation vom Festland hätten sich auf Inseln einzigartige Tiere und Pflanzen entwickelt. Sie seien durch menschliche Einflüsse besonders gefährdet und kämen unter anderem wegen fehlender Strategien zur Anpassung an Fressfeinde schlecht mit Veränderungen ihrer Ökosysteme zurecht. Die ganze Meldung gibt es bei faz.net

Mehr Mut zum Fortschritt

Kommentar, 3 Minuten Lesezeit

Die Ampel soll eine „Fortschrittskoalition“ werden, sagen SPD, Grüne und FDP. Beim Klimaschutz ist das nach 16 Jahren Bremsen bitternötig. Doch um das Land auf den versprochenen 1,5-Grad-Pfad zu bringen, reicht das bisher Vereinbarte nicht aus. Joachim Wille von den klimareportern° schreibt weiter: „Wirklich erstaunlich ist, dass auch das zentrale Thema der steigenden CO2-Preise bei Verkehr und Heizung ausgelassen wurde, obwohl sich doch alle drei Parteien dafür ausgesprochen haben. Klar, die Sache ist heikel. Keiner will, wenn der Sprit- und Heizenergie-Preis sowieso durch die Decke geht, noch Zündstoff in die Debatte werden. Doch den Mut, an dem Konzept festzuhalten und es den Bürgern richtig zu erklären, müssen die Ampel-Parteien schon aufbringen“

Es lebe das Totholz!

Hintergrund, 4 Minuten Lesezeit

Ein ganzes Drittel aller Waldbewohner – und das sind immerhin rund 13.000 Arten von Pflanzen, Tieren und Pilzen – ist in irgendeiner Form von sogenanntem Totholz abhängig. Doch das ist insbesondere in reinen Wirtschaftswäldern Mangelware. Wie kann dem Totholz im Wald wieder mehr Raum gegeben werden? Diese Frage untersuchte der WWF auf 3.500 Hektar Wald der Esterházy-Betriebe im Leithagebirge und fasste die Ergebnisse in einem Leitfaden für Wirtschaftswälder zusammen. Denn bis jetzt stehen in unseren Wäldern „fast nur Jugendliche“, wie Projektleiterin und Waldexpertin Karin Enzenhofer es ausdrückt; „es gibt kaum Pensionisten unter den Bäumen“. Der Standard liefert die Hintergründe