Wegweiser

Anna Pasco

"Mich interessiert, wie Wissenschaft mit Kunst in den Dialog tritt.“
Anna Pasco

Verliebt in ein Alleskönner-Bakterium, das verbindet

„Ich bin verliebt“, sagt die Künstlerin Anna Pasco. Zum ersten Mal unter dem Mikroskop gesehen hat sie ihren Crush in Sedimenten, die vom Meeresboden nahe der dänischen Stadt Aarhus stammten: Electronema, auch bekannt als Kabelbakterium. Mikrometerdünn, können sich Zehntausende Zellen aneinanderketten und bis zu fünf Zentimeter lange Fäden bilden, die Strom leiten. „Mein Kopf hat angefangen zu rattern“, sagt Anna, je mehr sie über die „Mikrobe des Jahres 2024“ gelesen habe.

Die kann ganz schön viel: Es gibt Ideen, Kabelbakterien zur Reinigung von Gewässern zu nutzen. Oder sie könnten helfen, die Produktion des Treibhausgases Methan in Reisfeldern zu verringern. „Und irgendwann könnten sie in nachhaltiger Elektronik, etwa in meinem Handy, verbaut sein“, sagt Pasco. Aktuell liegt die kommerzielle Nutzung aber noch in weiter Ferne.

Die 33-jährige Spanierin, die „beinahe Biochemie“ studiert hätte, nutzt die elektrische Leitfähigkeit für ihre Kunst. Durch die Kabelbakterien verbindet sie ein Mikrofon mit einem Verstärker – und trägt in ihrer Performance „Letʼs Symbiose and Be With“ Liebesgedichte vor. „Mich interessiert, wie Wissenschaft mit Kunst in den Dialog tritt“, sagt Pasco. Sie mische dafür Theorie, Popkultur und Forschung. Mit den Mikroben im Gepäck reiste sie schon zu Ausstellungen nach Kanada, Ägypten, Belgien und Deutschland. Die einen Zuschauer sind berührt von den Gedichten, andere begeistert von der Technologie.

„Ich traue mich, Dinge zu fragen. Wenn ich meine naive Neugierde nicht verstecke, gehen Menschen offener mit mir um“, sagt sie. Wie zum Beispiel die Forschenden am Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität in Oldenburg, wo Pasco derzeit Stipendiatin ist. Außerdem wird sie beim „Artic Circle Program“ mit zehn Forschenden und zehn Kunstschaffenden auf einer Expedition in die Arktis das Ökosystem von Mikroorganismen unter Extrembedingungen anschauen – und Kunst daraus machen.

Anna Pasco