Wegweiser

Pierre Oskam und Max Latour

„So holt sich die Natur ein Stück Stadt zurück.“
Pierre Oskam und Max Latour

Riffe im Großstadtdschungel

Wer durch Rotterdam geht, kann schon mal auf ein Korallenriff stoßen. Merkwürdige Gebilde, aus hellem Ton gebrannt, schmücken die Straßen und bieten Lebensraum für Insekten, Schnecken, Moose und Flechten. Denn Städte sollten nicht nur ein Zuhause für Menschen sein, finden Pierre Oskam und Max Latour. Die Architekten wollen urbane Räume so gestalten, dass sich Ökosysteme frei darin entfalten. Herausgekommen sind die korallenartigen Skulpturen und ihr Startup "Urban Reef".

Die "Riffe" sind verwinkelt, haben Ritzen und Öffnungen. Manche sind meterhoch und schlank, andere liegen unter Regenrinnen. Das bietet Pflanzen und Tieren ein angenehmes Mikroklima in einer Stadt, die immer heißer wird. Denn in den Riffen ist es im Schnitt zwei Grad kühler als in ihrer Umgebung. Das hilft, Städte zu begrünen, sorgt für ein bisschen Abkühlung und fördert nebenbei die Artenvielfalt. Den beiden Niederländern ist wichtig, dass sich die Ökosysteme ganz von selbst entwickeln.

Die Idee kam Oskam, als er seinen Doktor an der Universität Aveiro in Portugal machte. "In der Region um Porto stehen viele verlassene Fabriken, die sich die Natur zurückerobert hat", sagt der 32-Jährige, der Architektur an der Technischen Universität Delft lehrt. Dort erforschte Latour, wie Algorithmen Designs erstellen können. "So entstehen auch bei uns komplexere Formen, als ich mir sie selbst hätte vorstellen können", sagt der 31-Jährige. Ein 3D-Drucker fertigt dann die Skulpturen aus Ton. Die beiden experimentieren aber auch mit Materialien wie Muscheln, Kuhfladen und Kaffeesatz. Damit die Riffe schneller zuwuchern, arbeiten die beiden an einer Beschichtung aus nährstoffreichen Bakterien, Algen und Pilzen.

25 Prototypen konnten sie bereits herstellen, die etwa an der Uni Delft, einem Schulhof bei Eindhoven oder im Rotterdamer Zoo stehen. Das Geld dafür kommt bisher vor allem aus Forschungsfonds. Demnächst sollen Privatleute die Riffe online kaufen können – und Ökosystemen beim Wachsen zusehen.

Pierre Oskam und Max Latour
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