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Wir sind von Insekten umgeben, aber nehmen sie kaum wahr – die artenreichste Tiergruppe in Einzelportraits

Gebänderte Prachtlibelle

Calopteryx splendens

Gebänderte Prachtlibelle

Prächtig sind vor allem die Männchen der größten Kleinlibelle Mitteleuropas: Ihr Körper schillert blaugrün, ihre Flügel tragen die namensgebende blauschwarze Binde. Doch auch die grünlich-bronzefarbenen Weibchen sind hübsch anzusehen. Nur die wenigsten Tiere erreichen allerdings das schöne Erwachsenenalter: Die Larven der Gebänderten Prachtlibelle leben in träge fließenden Bächen und Flüssen, und da sind sie nicht allein. Hungrige Fische, Käfer, Spinnen und Vögel wissen, wo die Larven – übrigens selbst gefräßige Räuber – aufwachsen, und auch, wo die erwachsenen Libellen sich paaren.

An einem vom Männchen ausgewählten Platz am Wasser schließen sich beide zu einem „Paarungsrad“ zusammen. Sie verbiegen dabei ihre Körper zu einer Herzform, denn die Geschlechtsorgane liegen bei Libellen an vollkommen unterschiedlichen Stellen. Das Weibchen sticht dann die Eier unter der Wasseroberfläche in Wasserpflanzen ein, wo die daraus schlüpfenden Larven meist schon von den Feinden erwartet werden. Diejenigen, die nicht gefressen werden, bleiben ein bis zwei Jahre lang Larven. Als prächtige Libellen leben sie dann nur rund zwei Wochen.

Wo findet man sie?
Von Westeuropa bis zum Baikalsee und im Nordwesten Chinas
Wie steht es um sie?
Ihr Bestand ist durch Begradigungen von Bächen, Kanalisierung, das Zurückschneiden von Ufervegetation, Gewässerverschmutzung, Düngemittel und Pestizide zurückgegangen. In einigen Bundesländern gilt sie bereits als gefährdet, deutschlandweit steht sie auf der Vorwarnliste der potenziell bedrohten Arten
Was kann man für sie tun?
Naturnahe Tümpel und Weiher schaffen und erhalten. Alle Libellen genießen in Deutschland durch das Bundesnaturschutzgesetz und die Bundesartenschutzverordnung besonderen Schutz

Gebänderte Prachtlibelle

Eichelbohrer

Curculio glandium

Eichelbohrer

Auf jeden Topf passt ein Deckel – und auf jedes Gewächs ein Rüsselkäfer. Denn irgendein Vertreter der markanten Käferfamilie mit der rüsselartig verlängerten Mundpartie hat sich auf beinahe jeden Gewebetyp jeder Planzenart spezialisiert. Und so tragen denn auch die meisten von ihnen den bevorzugten Pflanzenteil im Namen, etwa der Haselnussbohrer, der Apfelblütenstecher oder der Kirschkernbohrer. Hierzulande bleiben allein Orchideen und Kardengewächse wie Skabiosen von ihnen verschont. Rüsselkäfer sind mit weltweit rund 60.000 bekannten Spezies die wohl artenreichste Familie aller Lebewesen. Einer von ihnen ist der Eichelbohrer, ein vier bis sieben Millimeter kleiner Käfer mit gelbgrünlichen bis rotbraunen Schuppen am ganzen Körper.

Der Rüssel des Weibchens ist deutlich länger als der des Männchens, denn nach der Paarung sucht es sich eine unreife Eichel und frisst mit dem Rüssel ein Loch hinein, um nach sechs bis acht Stunden, wenn die Öffnung tief genug ist, meist exakt zwei Eier darin zu versenken. Was nun geschieht, ist eines der vielen Wunder der Natur, die im Verborgenen stattfinden: Nach zwei Wochen schlüpfen zwei weiße, beinlose Larven, die die Nuss von innen komplett verspeisen, bis sie im Herbst leer geputzt zu Boden fällt. Noch immer schlank genug, verlassen die Larven die Schale durch die von der Mutter gebohrte Öffnung und vergraben sich sogleich im Erdreich, um zu überwintern. Erst nach dem Winterschlaf beginnt dann die Verpuppung, bevor im Frühsommer die Käfer daraus schlüpfen.

Wo findet man ihn?
In Europa, Nordafrika und der Türkei – überall dort, wo Eichen wachsen
Wie steht es um ihn?
Die Art ist in Deutschland nicht bedroht
Was kann man für ihn tun?
Der Eichelbohrer kommt ohne besonderen Schutz gut zurecht – und profitiert davon, dass der Laubbaumanteil wieder wächst

Eichelbohrer

Blauschillernder Feuerfalter

Lycaena helle

Blauschillernder Feuerfalter

Am Verbreitungsgebiet dieses hübschen orange-blauen Bläulings lässt sich der Wandel des Weltklimas ablesen. Denn er ist ein Glazialrelikt: Einst lebte der Blauschillernde Feuerfalter als kälte- und lichtliebende Art nur in arktischen Regionen, dann aber zog er während einer Eiszeit vor Hundertausenden von Jahren gen Süden – und als die Temperaturen wieder stiegen, blieben ihm vielerorts nur die Höhenlagen. Dort ist er auf feuchte Wiesen, Sumpfgebiete und Moore angewiesen, die selten geworden sind.

Zum Überleben braucht das anspruchsvolle Tier aber noch zwei weitere Voraussetzungen: windgeschützte Stellen, die in bergigen Regionen nur schwer zu finden sind. Und den Schlangen-Knöterich, im Volksmund auch Zahnbürste genannt aufgrund seiner Blütenform – an keiner anderen Pflanze legen die Feuerfalter-weibchen ihre Eier ab. Da verwundert es nicht, dass der recht kleine Feuerfalter ein aggressives Territorialverhalten zeigt: Die Männchen beziehen Beobachtungsposten und verjagen von dort aus eindringende Artgenossen.

Wo kommt er vor?
Hauptsächlich in kaltgemäßigtem Klima. In Deutschland nur isolierte Vorkommen in der Eifel, im Westerwald und in Alpennähe
Wie steht es um ihn?
In Deutschland ist die Art „stark gefährdet“ und gilt in mehreren Bundesländern als ausgestorben. Da die Grünlandwirtschaft zurückgeht, hat der Blauschillernde Feuerfalter mit Verwaldung zu kämpfen – Bedingungen, unter denen sein
Schlangen-Knöterich nicht wächst. Künftig droht der Klimawandel die für ihn lebenswichtigen Feuchtgebiete auszutrocknen. In der Bundesartenschutzverordnung und in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU ist er als „streng zu schützen“ aufgeführt
Was kann man für ihn tun?
Eine gute Idee ist es, sich für den Feuchtwiesen- und Moorschutz einzusetzen

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Blauschillernder Feuerfalter

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