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Corona-Krise: Wie Textil- und Autoindustrie helfen wollen Von Simon Sachseder, dpa

Zahlreiche Nicht-Medizintechnik-Unternehmen in Deutschland und auf der ganzen Welt produzieren in der Corona-Krise Schutzausrüstung und Beatmungsgeräte. Doch wie sinnvoll ist das? Berlin (dpa) - Der Bedarf an Schutzmasken und Beatmungsgeräten ist in der Corona-Krise immens gestiegen. Da die eigentlichen Hersteller nicht mit der Produktion hinterherkommen, versuchen zahlreiche andere Firmen ihre Produktion umzustellen. Zum Beispiel der Textilhersteller Trigema, der seit einiger Zeit wiederverwendbare Behelfsmasken produziert. Und zumindest die Nachfrage scheint da zu sein. Bestellungen nach dem 16. April werde man erst ab Juni ausliefern können, heißt es auf der Trigema-Homepage. «Nicht-MedTech-Unternehmen können temporär helfen, Komponenten zuzuliefern», schreibt der Bundesverband Medizintechnologie dazu auf Anfrage. Die branchenfremden Unternehmen könnten kurzfristig unterstützen, um die Kapazitäten der Medizintechnik-Branche zu vergrößern - insbesondere bei einfacheren Produkten mit geringem Risiko bei der Anwendung. Auch Universitäten versuchen zu helfen, so wie das Karlsruher Institut für Technologie. Dort werden mithilfe von 3D-Druckern Kunststoffvisiere als Schutzkleidung für Kliniken hergestellt. «Die Visiere werden mit etwa 30 Druckern gefertigt, die Druckdauer liegt im Moment bei drei Stunden pro Stück», hieß es vor wenigen Tagen in einer Pressemitteilung. Demnach konnten die Wissenschaftler bislang 200 Visiere ausliefern, weitere sollen demnächst folgen. Ähnliche Projekte gibt es zum Beispiel an der Universität Augsburg und der TU Chemnitz. Doch nicht nur der vergleichsweise simplen Herstellung von Schutzkleidung nehmen sich manche Firmen an, sondern auch der hochkomplexen Fertigung von Beatmungsgeräten. Der US-Automobilhersteller Tesla zeigte in einem Video, wie er unter anderem aus dem Entertainment-Computer eines seiner Automodelle ein Beatmungsgerät entwickelt hatte. Am vergangenen Donnerstag gab Elon Musk auf Twitter bekannt, dass erste Geräte bereits an Krankenhäuser geliefert worden seien. Der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Berthold Jany, sieht Beatmungsgeräte von branchenfremden Herstellern allerdings skeptisch: «Es handelt sich um medizintechnische Produkte mit sehr hohen Sicherheitsansprüchen an das Funktionieren.» Er habe große Zweifel bei den Ankündigungen von Automobilherstellern, hochkomplexe Beatmungsgeräte statt Elektroautos zu produzieren. Auch der Bundesverband Medizintechnik hält es nicht für möglich in so kurzer Zeit ein angemessen sicheres Beatmungsgerät zu entwickeln. Die Beatmungsgeräte alleine helfen zudem nur begrenzt, die Geräte müssen auch von geschultem Personal gesteuert werden. «Es geht ja nicht einfach um die Bedienung eines Ventilators nach technischer Anleitung, wie zum Beispiel eines Rasenmähers», sagt Jany. Es gehe hier um die Einstellung der verschiedenen Beatmungsparameter. Die richteten sich nach den Anforderungen des schwer und lebensbedrohlich erkrankten Patienten und änderten sich oftmals ständig. «Und dies erfordert ein tiefes Verständnis nicht nur der Lungenphysiologie, sondern des Zusammenspiels vieler Organsysteme», erklärt Jany. Die dementsprechend speziell ausgebildeten Ärzte und das dazugehörige Pflegepersonal seien schon vor der Corona-Krise nicht einfach zu finden gewesen.

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