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AKW-Brennstäbe: Vom Uran bis zur Lieferzeit

Berlin (dpa) - In der Debatte um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken (AKW) ist immer wieder von Brennstäben die Rede, die erst neu bestellt werden müssten. Was steckt in einem solchen Stab und wie lange dauert die Lieferung?

Ausgangspunkt für die Produktion von Brennstäben ist das sogenannte Natur-Uran, das zu etwa 0,7 Prozent aus dem spaltbaren Isotop 235 besteht. Der Rest ist hauptsächlich nicht spaltbares Uran-238. Obwohl Russland zuletzt nur knapp sechs Prozent des weltweiten Natur-Urans produziert hatte, lieferte es 2020 nach Angaben der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) 20,2 Prozent des Bedarfs der EU. Dazu kamen weitere 19,1 Prozent von Russlands Nachbarn und Verbündetem Kasachstan.

Zur Verwendung in Kraftwerken muss die Uran-235-Konzentration durch verschiedene Verfahren von rund 0,7 auf zwei bis fünf Prozent erhöht werden. Von hochangereichertem Uran spricht man ab 20 Prozent. Für Atomwaffen wird auf mindestens 80 Prozent angereichert.

Das für Kraftwerke angereicherte Uran wird zu Tabletten gepresst und in etwa fingerdicke Brennstäbe gefüllt, die wiederum zu teils mehr als vier Meter hohen Brennelementen gebündelt werden. Je nach Reaktortyp variieren die Brennelemente nach Bauweise, Größe und Anzahl im AKW. Beispiel: Im noch in Betrieb befindlichen Kraftwerk Isar 2 befinden sich 193 Brennelemente mit je 324 Brennstäben.

Drei Jahre oder länger können sie zur Energieerzeugung genutzt werden, dann gelten die Brennelemente als abgebrannt. Bis zu fünf Jahre müssen sie danach im Abklingbecken gekühlt werden. Erst danach können sie im Spezialbehälter in ein Zwischen- oder Endlager oder in eine Wiederaufbereitungsanlage gebracht werden.

Bei einem Weiterbetrieb der deutschen AKW drängt die Zeit. Die drei Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 müssen nach aktuell geltendem Recht spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Eine Verlängerung der Laufzeiten würde erst zusätzliche Strommengen bringen, «wenn diese mit neu hergestellten Brennstäben erneut gefüllt wären», heißt es im Prüfbericht des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums.

Bei einem sogenannten «Streckbetrieb» würden die AKW dagegen jetzt weniger Strom produzieren, um im ersten Quartal 2023 mit den vorhandenen Brennelementen noch etwas weiterlaufen zu können.

Beim gesamten Bestell- und Herstellungsprozess neuer Elemente gehen die Ressorts von 18 bis 24 Monaten aus, bei einem beschleunigten Verfahren von 12 bis 15 Monaten. Im Prüfbericht ist deshalb bei zusätzlichen Strommengen von «frühestens ab Herbst 2023» die Rede. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Branchenverband Kerntechnik Deutschland (KernD), der bei Priorisierung mit einer Lieferzeit von mindestens 12 Monaten rechnet.