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Kataloniens abgesetzter Regionalpräsident ruft Verfassungsgericht an

Madrid (dpa) - Der wegen Ungehorsams abgesetzte Präsident der von Spanien abtrünnigen Region Katalonien, Quim Torra, hat nach einem Bericht des TV-Senders RTVE am Dienstag vor dem Verfassungsgericht in Madrid die sofortige Aussetzung der Maßnahme beantragt. Sein Rechtsanwalt Gonzalo Boye habe den Eilantrag, der dem Sender vorliege, damit begründet, dass Torra und andere durch die Amtsenthebung einen «schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden» erleiden würden. Medienberichten zufolge hat die Initiative beim Verfassungsgericht aber nur wenig Aussicht auf Erfolg. Boye kündigte für den Fall eines Scheiterns vor dem Verfassungsgericht den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg an, wie die Zeitung «La Vanguardia» berichtete.

Am Vortag hatte das Oberste Gericht Spaniens (TSJ) die Berufung Torras gegen die bereits im vergangenen Dezember vom katalanischen Oberlandesgericht ausgesprochene Absetzung einstimmig zurückgewiesen. Demnach darf Torra nun eineinhalb Jahre kein öffentliches Amt bekleiden, weil er sich vor der spanischen Parlamentswahl 2019 geweigert hatte, Symbole der Separatisten von öffentlichen Gebäuden zu entfernen, obwohl die Wahlbehörde dies angeordnet hatte.

Die Absetzung fachte die Spannungen in Katalonien mitten in der schweren Corona-Krise erneut an. Tausende Menschen demonstrierten am späten Montagabend in ganz Katalonien gegen die Absetzung. In Barcelona bewarfen Demonstranten Polizisten mit Böllern, Müllsäcken, Steinen und auch mit Schweineköpfen. Sie setzten zudem Müllcontainer in Brand.

Die Regierungsgeschäfte gehen auf Torras Vize, Pere Aragonés, über. Es galt als sicher, dass für Anfang 2021 eine Neuwahl angesetzt werde. Torra rief die Wähler auf, diese Abstimmung zu einem Plebiszit über die Abspaltung von Spanien zu machen.

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